Von Hansueli auf Freitag, 15. Dezember 2023
Kategorie: Nordamerika

Snowbirds

Im Nordwesten werden Leute Snowbirds genannt, die im Winter vom Nordwesten in den Süden ziehen. In der Schweiz nennt man das Zugvogel. Mein Van ist leider nicht genügend Winterfest, so muss ich es ähnlich machen.


In Vancouver blieb ich auf dem gleichen stadtnahen Camping. Dort steht der Van auf einem ebenen Betonplatz, gut um den Reifen mit der Schraube im Profil gegen den Ersatzreifen zu wechseln. Diesmal wollte ich in die Stadt um wieder einmal modernere Kunst anschauen. Meist schaute ich im Internet nach, ob die im gedruckten Reiseführer angegebenen Öffnungszeiten noch stimmen. Diesmal nicht und so stand ich an einem Dienstag vor der geschlossenen Art Gallery. Pech gehabt, so spazierte ich ziellos in der Stadt umher und fuhr am späteren Nachmittag mit dem Bus zum Camping zurück.


Da ich in der Nähe war, lud mich Beate von Bellingham zu einer befreundeten Familie an Thankgivings ein. Am Abend vorher sassen wir zu dritt, Andreas, Beate und ich, wie vor 3 Jahren zusammen. Damals, trotz Corona, trafen wir uns regelmässig zum Abendessen entweder bei Beate zu Hause, bei Andreas auf seinem Boot oder bei mir auf der Dada Tux. Den Van parkte ich vor Beates Haus. Sie wohnt in einem ruhigen Quartier mit vielen Einfamilienhäusern und kleinem Garten rund herum. Als ich am späten Abend in den Van stieg, sah ich 2 Rehe auf der Strasse. Die beiden Rehe sah ich kurz vor Mittag wieder in einem Garten gegenüber. Vielmals übernachten die Rehe hinter Beates Haus, deshalb kann sie kein Gemüse in ihrem Garten anpflanzen. Die Rehe würden es vor dem Ernten fressen. Schwarze und braungraue Eichhörnchen klettern auf ihren Bäumen umher.


Thankgivings ist ein grosser Familien Feiertag in den USA. Viele reisen weite Strecken um mit Freunden und Familie einen Truthahn zu essen. Ich versuchte auch ein kleines Stück Truthahn, bekam aber nicht das Gefühl, dass ich Fleisch in den letzten 40 Jahren vermisste. Nach wie vor komme ich gut ohne aus.

Um das viele Essen von Thankgivings zu verdauen lud mich Beate am Freitag zu einer Wanderung am Ebey’s Landing State Park ein. Auf der hohen steilen sandiger Klippe läuft man auf einem kleinen Pfad knapp eine Stunde der Küste entlang. Im Zickzack geht der Pfad hinunter zum Ufer. Dort entlang wanderten wir zum Parkplatz zurück. Übers Meer sahen wir auf der anderen Seite die Olympic Mountains und Port Townsend. Vor 3 Jahren segelten wir dort im dichten Nebel.


Am Samstag machte ich mich auf den Weg südwärts nach Bend in Oregon. Bei Matrix Integration hatte ich einen Servicetermin am Montag Morgen für den Van. Beate ist Schmuckdesignerin und verkauft am Samstag ihren Schmuck auf dem Markt in Bellingham. Sie gab mir ihren Hausschlüssel, damit ich bei ihr vor dem Abfahren noch duschen kann. Kurz vor Portland übernachtete ich auf einem Rastplatz. Schon lange fuhr ich nicht mehr so lange Autobahn. Die Strecke zwischen Portland und Bend fuhr ich vor rund 3 Jahren auf unserer Oregon Rundreise in der Gegenrichtung. Eine schöne waldreiche Strecke vorbei an einigen Wintersportorten. Schnee hatte es noch keinen, war mir auch recht. Die Sonne schien mit einer guten Sicht auf die verschneiten Berge.


Auf dem Parkplatz der Werkstatt durfte ich in Bend übernachten. Mit minus 10°C wird es in der Nacht recht kalt. Zwischen der Windschutzscheibe und meiner inneren Fensterabdeckung hatte ich am Morgen Eisblumen. Neben den normalen Service schickte ich der Werkstatt eine Liste mit Punkten die kontrolliert oder repariert werden sollten. Der Querstabilisator der Hinterachse hängte sich auf einer Seite aus. Eine Schraube war ausgerissen. Dazu mussten sie erst Ersatzteile bestellen. Eine andere Firma sollte meine Windschutzscheibe wechseln. Am Abend bekam ich eine SMS, sie bekamen keine originale Scheibe, in den USA fehlen 100 Windschutzscheiben die zu meinem Van passen. Wann sie welche bekommen würden wussten sie nicht. Unbestimmte Zeit in Bend auf eine neue Scheibe warten, wollte ich nicht und stornierte meine Bestellung.

Mit den grösseren Reifen wurde der Abstand der hinteren Räder zum flexiblen Kotflügel sehr knapp. Auf den schneebedeckten Strassen in Kanada wurde der Abstand wegen den hängengebliebenem Eis und Schnee zu klein. Eine kleinere Werkstatt in Bend schaffte mehr Raum zwischen dem Rad und Kotflügel. Ohne Frühstückstee am nächsten Morgen fuhr ich zu dieser Werkstatt. Bei den anhaltenden tiefen Temperaturen gefror mir das Frischwasser ein.


In den nächsten Tagen sollte es nach dem Wetterbericht in Bend kalt bleiben. Eine Woche in der Kälte auf das Ersatzteil zu warten, hatte ich gar keine Lust. Lieber fuhr ich knapp 4 Std an die Küste mit milderen Temperaturen. In Florence fand ich einen offenen Camping mit einem Minuspunkt, der Duschraum ist nicht beheizt. Nördlich von Florence wachsen seltene insektenfressende Pflanzen. Diese besuchten wir vor 3 Jahren, diesmal fuhr ich nicht mehr dort vorbei, um diese Jahreszeit blühen sie nicht mehr. Südlich, am andern Ufer des Siuslaw River beginnt ein grosse Dünenlandschaft. Am 2. Abend begann es stark zu regnen der, mit wenigen Pausen, bis zu meiner Weiterreise anhielt. 2 Mal spazierte ich in Regenpausen nur im Ort umher. Auch mein Geburtstag fiel ins (Regen-)Wasser.

Auf der Rückfahrt nach Bend am Montag hörte der Regen kurz vor Eugene auf. Dort kaufte ich in einem Bio-Supermark für die nächsten Tage ein. In den USA kann man davon ausgehen, dass Bio Produkte nicht gentechnisch verändert sind. Nicht gentechnisch veränderte Produkte werden von den Herstellern mit einem NON-GMO Signet kennzeichnet. Fehlt diese Signet auf einem herkömmlichen Produkt aus den USA kann man davon ausgehen, das es aus gentechnisch veränderten Pflanzen besteht. Auch bei nicht Bio Milchprodukte lohnt es sich die Verpackung genauer an zu schauen. In den USA darf den Milchkühen ein Wachstumshormon gespritzt werden. Bis 8 Liter mehr geben so behandelte Kühe. Milchprodukte von nicht mit Hormonen behandelte Kühe haben den Vermerk rBST-free. Zusätzlich verlangen die Behörden den Vermerk, dass kein wesentlicher Unterschied zur rBST Milch besteht. Die Hersteller, welche gentechnisch veränderte Lebensmittel oder Kühe mit Hormonen behandeln, müssen nichts entsprechendes auf ihren Produkten vermerken. Auch Müesli Mischung ohne zugefügtem Zucker oder Honig ist schwer zu finden, sogar in einem Bio Laden.


Die Strasse führt am McKenzie River entlang. An einigen Stellen trat er über die Ufer und Tafeln am Strassenrand warnten vor möglichem Hochwasser. In den höheren Regionen lag Schnee am Strassenrand den es bei der Hinfahrt noch nicht hatte. Nach dem Eindunkeln stellte ich den Van vor der Werkstatt ab. Es war über 15°C wärmer als vor einer Woche.

Rund 2 Stunden benötigten die Mechaniker um den neuen Querstabilisator an der Hinterachse zu montieren. Dieser sollte nicht mehr ausreissen, versprach mir die Werkstatt. In der App iOverlander sah ich auf der Strecke südwärts einen ruhigen Ort, eine halbe Meile abseits der Hauptstrasse. Durch die starken Regenfälle der letzten Tage war dieser Waldweg sumpfig. Schon nach kurzer Strecke war das Reifenprofil mit nasser Erde voll und die Reifen hatte trotz eingeschaltetem 4x4 und Untersetzung kaum mehr griff. Differenzialsperren hat der Sprinter nicht. Bei der ersten Gelegenheit wendete ich und übernachtete neben der Hauptstrasse.


Kurz vor diesem Übernachtungsplatz überquerte ich die Grenze Oregon – Kalifornien. An einer Kontrollstation musste ich anhalten und Auskunft über meine Lebensmittel geben. Da ich weder Brennholz, noch Orangen oder Avocados mit hatte, durfte ich weiterfahren. Wegen dem Einschleppen von Insekten seien diese Kontrollen. An der Grenze zwischen Kalifornien und Nevada sah ich auf der Gegenspur auch eine Kontrollstation.

Das Fahren am nächsten Tag war anstrengend. Ein starker Seitenwind verlangte ein konzentriertes Fahren. 130 km vor Reno wurde ich, wie alle Lastwagen und WoMo’s, gestoppt. Wegen dem starken Wind sei es mit meiner Höhe (3.2m) gefährlich weiter zu fahren. Ich solle besser warten. Für eine Stunde stellte ich mich in die wartende Kolone. Als der Wind nach lies fuhr ich weiter. Später sah ich einen umgekippten Lastwagen und kurz darauf einen Wohnwagen neben der Strasse liegen. Mehr Seitenwind wie bevor ich angehalten wurde spürte ich nicht.


Es war schon dunkel als ich auf dem Parkplatz eines kleinen Einkaufszentrum in Reno ankam. Im Bundesstaat Nevada sind Glücksspiele erlaubt. In anderen US Bundesstaaten ist Glücksspiel nur in den indigenen Reservaten erlaubt. In Reno interessierten mich die Casinos nicht, sonder die Nevada Art Gallery. Mal wieder zeitgenössische bildende Kunst anschauen als Gegensatz zu den unterschiedlichen Landschaften tat gut. Viele etwa 10 jährige Kinder waren im Kunstmuseum, mit ihnen wurde über die ausgestellten Werke diskutiert.


Militär interessiert mich wirklich nicht, auch nicht 150 jährige Ruinen eines alten Forts. Die Beschreibung des daneben liegende Camping der staatlichen Parkverwaltung lies sich gut an. Trinkwasser und eine Abwasserstelle ist vorhanden und in einer angenehmen Distanz von Remo. Unter alten Laubbäumen stellte ich den Van auf dem Camping ab. Trotz dem nächtlichem Frost lief am Morgen das Wasser und ich konnte den Tank auffüllen. Der Segment- und Kohlefilter, den ich immer zum Wasserauffüllen brauche, war danach gelb. Die gelben Sandspuren liessen sich einfach vom Filter abspülen. Das Grauwasser konnte ich nicht ablassen, das Auslassventil war festgefroren. Den Haarföhn aus dem Lager holen um das Ventil damit auf zu tauen, war mir zu aufwändig. Ich hatte noch genügend Platz im Tank.


Auf der US Hwy 95, einer die vielen Veterans Memorial Highway in den USA, fuhr ich weiter Südwärts, vorbei am Walker Lake einem grossen Salzsee. Kurz nach dem See, neben der Ortschaft Hawthorne, befindet sich das ‹grösste Depot der Welt›. So steht es gross neben dem Ortsschild. Das das Depot was mit Militär zu tun hat, war mir offensichtlich. Erst auf Wikipedia las ich, dass es sich um Munition handelt. Vermutlich müssen nur Militärbanausen wie ich erst auf Wikipedia nachlesen um was es sich handelt. Nach dem Ort standen in einem regelmässigen Abstand Gedenktafeln zur Erinnerung an die Veteranen aller Kriege, beginnend mit dem 1. Weltkrieg. Irak und Afghanistan wurden nicht erwähnt. Vermutlich meinte die letzte Tafel zum Gedenken an den Kampf gegen den Terrorismus diese beiden Kriege. Die ersten Atombombentest fanden im Nevada National Security Site rund 100km nördlich von Las Vegas statt.


Neben dem geschlossenen Visitor Center von Goldfield stellte ich den Van zu übernachten ab. Goldfield, eine alte Goldgräberstadt, ist jetzt ein kleines Dorf. Der IWW (Industrial Workers of the World) organisierten 1905 in Goldfield einen Minenarbeiter Streik und wurden damit berühmt. Von Goldfield wollte ich direkt nach Las Vegas fahren. Auf dem Weg sah ich Wegweiser ins Death Valley. Beim durchschauen vom gedruckten Reiseführer war mir nicht aufgefallen, das ich so nahe daran vorbei fahre. Ich schaute nur im Kapitel Nevada, was es für mich spannendes gibt. Das Death Valley ist in Kalifornien und das Kapitel Kalifornien schaute ich nicht an.


Erst dachte ich, ich fahre einfach einen Umweg durch das Tal nach Las Vegas. Nachdem ich ins Tal hinunter sah, wurde mir schnell klar, einfach durchfahren geht nicht. Ausser Zwiebel, Knoblauch und ein kleines Stück Parmesan hatte ich nichts frisches für ein Abendessen. So kam die Tomatensauce aus dem ‹Notvorrat› zusammen mit Pasta auf den Tisch.


Auf 60m unter dem Meeresspiegel in Furnace Creek bekam ich einen Platz auf dem Camping. Mal wieder nach langer Zeit im kurzarm T-Shirt draussen an der Sonne zu sitzen war ein Genuss. 3 Highlights wollte ich besuchen. Badwater Basin, die mit -85m tiefste Stelle im Tal, Artists Palette mit den farbigen Felsen und Dante’s View mit dem Blick über das Tal. Auf der Strasse nach Badwater Basin sass am Strassenrand eine Kojote. Einige Autos fuhren mit unveränderter Geschwindigkeit vorbei. Dass ich neben der Strasse anhielt und sie aus dem Van fotografierte störte sie überhaupt nicht. Hoch oben an der Felswand bei Badwater hängt eine Tafel die den Meeresspiegel markiert. Zwischen Badwater und Artists Palette liegt die Abzweigung zur Death Valley Natural Bridge und einem trockenen Wasserfall. In einem ausgetrockneten Bachbett steigt man hinauf. Wie nahe das verschieden farbige Gestein bei Artists Palette liegt ist eindrücklich. Zum Abschluss besuche ich Dante’s View auf 1600m. Mit dem Auto kann man bis auf diese Höhe fahren, sofern es kürzer als 7.5m ist. Der Blick ins Tal ist herrlich. Am Abend erreichte ich Las Vegas.


Kommentare hinterlassen