DadaTux Blog
Hin und her und Nationalparks
In Fairmont Hot Springs, British Columbia (BC) in Kanada, nahe der USA Grenze ist Anne mit ihrer Familie in den Ferien. Vor paar Monate machte ich mit ihnen ab, dass ich sie besuche. Die Strecke von Kalispell in Montana zu ihnen wäre in einem Tag machbar. Ich hatte es nicht eilig und übernachtete jeweils vor und nach der Grenze zwischen den USA und Kanada an einem kleinen See. Der Grenzübertritt nach Kanada verlief reibungslos. Die üblichen Fragen nach dem Wohin, wie lange, Wohnort, Waffen, Alkohol, Cannabis, Tabak, Krankenversicherung, Haustiere, Geld und ob der Van mir gehört. Zwischen 1970 und 1985 wurde in Kanada auf das metrische System umgestellt. Ich kann den Tacho des Vans von Meilen auf Kilometer umstellen. So muss ich die Geschwindigkeit nicht umrechnen. Schade, dass der Van die Temperatur weiterhin in Fahrenheit anzeigt. Die Umrechnung von Fahrenheit in Celsius ist ziemlich kompliziert. Zum Beispiel: 68 °F in °C. (68 °F - 32) × 5/9 = 20 °C. Für mein altes Hirn ist das ziemlich schwierig. Ich machte mir einen Merkzettel.
Zusammen mit Anne und ihrer Familie verbrachte ich einen schönen Tag. Am nächsten Morgen ging es für mich weiter in Richtung Kootenay-Nationalpark. Anschliessend stehen der Yoho-, der Banff- und der Jasper-Nationalpark auf dem Programm. In den Nationalparks darf man nur auf den offiziellen Campingplätzen übernachten. Manche Plätze muss man zwei Tage im Voraus reservieren, bei anderen hat man einen Platz, wenn man zuerst kommt (sofern es noch freie Plätze gibt). Jetzt zur Ferienzeit und zudem am Wochenende ist es aussichtslos. Für den Besuch des Kootenay-Nationalparks übernachtete ich bei Radium Hot Springs auf einer Waldlichtung mit Blick ins Tal.
Wie in den USA gibt es auch in Kanada eine Jahreskarte für den Eintritt in die Nationalparks. Die besorgte ich mir im Visitor Center in Radium Hot Springs. Die Senioren Karte bekommen in Kanada auch Gäste aus dem Ausland, in den USA nicht. Die Hwy 93 führt durch den Park über den Vermilion Pass zum Banff-NP. An einer Stelle war die Geschwindigkeit wegen Bären in der Nähe der Strasse reduziert. Ausserdem gilt ein striktes Anhalteverbot. Gut können Schwarzbären nicht lesen. Kurz nach der Aufhebung der Beschränkungen sass ein Schwarzbär neben der Strasse. Er liess sich vom Verkehr nicht stören. Das Anhalteverbot war aufgehoben, ich durfte ganz legal anhalten. Kurz darauf überquerte er die Strasse, ohne sich stören zu lassen. Ein paar Kilometer weiter war eine Herde Schneeziegen mit Jungen entlang der Strasse.
Ich ging davon aus, dass ich wieder am gleichen Ort zum Übernachten zurückkehren würde. Trotzdem fuhr ich noch eine Runde über den Marble Canyon Campground. Wie erwartet, war alles belegt. Beim Vermilion Pass spazierte ich eine Runde durch den jungen Wald. Vor 50 Jahren gab es hier einen grossen vernichtenden Waldbrand. Auf dem Pass kehrte ich um und fuhr zurück. Kurz nach dem Pass, bei einem überfüllten Parkplatz, parkte ich wie viele andere auch längs der Strasse und schaute nur kurz oberflächlich in den einen Führer. Das nächste Kapitel nach dem Pass beginnt: «Eine schöne und relativ kurze Wanderung von kaum 2 km …» Ich las die Überschrift nicht und dachte, dass ich diese kurze Strecke mit den Sandalen laufen kann und kein Wasser benötige. Die Wanderung, die bei diesem Parkplatz beginnt, wird im diesem Reiseführer nicht beschrieben. Im Gegensatz zum anderen. Irgendwann dachte ich, dass die Strecke doch länger als zwei Kilometer ist und schaute auf meine Handykarte. Ich befand mich auf dem Stanley Glacier Trail, einer 9,5 km langen Strecke mit einem Höhenunterschied von 400 Metern. Meine kürzlich erworbenen Sandalen haben eine sehr gute Sohle. Ich entschied, einfach so weit zu gehen, bis es mir mit den Sandalen zu heikel wird oder ich Wasser brauche. Ich wanderte den gesamten Weg bis zur Geröllhalde. Wie überall auf der Welt gingen auch in Kanada die Gletscher stark zurück.
Das Kapitel im Führer mit dem zitierten Anfang gehört zum Marble Canyon. Es war echt beeindruckend zu sehen, wie sich das Wasser eine 4 m breite und über 40 m tiefe Schneise ins Gestein schnitt. Sieben Brücken führen über das tosende Wasser. Der Fels ist sehr verwinkelt ausgewaschen, sodass man beim Hinunterschauen das Wasser kaum sieht. Zuletzt besuchte ich die Paint Pots. Das eisenhaltige Wasser aus mineralstoffreichen Quellen färbt die Erde okkerbraun. Schon die Indianer nutzten die getrocknete Erde zum Färben. Am späten Abend kehrte ich schliesslich zu meinem Stellplatz zurück.
Und ich hatte grosses Pech: Mein neues Handy rutschte vom Tisch und fiel seitwärts auf Metall. Das Display hatte Sprünge, ein Teil des Monitors wurde nicht mehr angezeigt und der Touchscreen funktionierte nur noch sporadisch. Eine schützende Hülle hätte ich erst in zehn Tagen bekommen. Das war mir zu lange. Als ich mir die Preise für Smartphones ohne Vertrag in Kanada anschaute, stellte ich fest, dass sie einiges höher sind als in den USA. Zudem brauche ich einen AT&T-Shop, um die eSIM zu aktivieren. In Kanada fand ich keinen. Die Strecke bis nach Kalispell ist 340 km lang und dazwischen liegt die Grenze USA - Kanada. Also bestellte ich online ein neues Handy in den USA und fuhr am nächsten Tag los. Auch wenn an der US-Grenze „Welcome to the USA” steht, vermitteln die CBP-BeamtInnen kaum das Gefühl, willkommen zu sein. Ich musste mich beim diensthabenden Chef legitimieren, obwohl mein Visum noch gültig war. Nachdem ich das neue Handy abgeholt und die erste Grundkonfiguration durchgeführt hatte, war ich noch rechtzeitig vor Ladenschluss bei einem AT&T-Shop. Diesmal klappte es mit der eSIM auf Anhieb.
Ich fragte beim Walmart, ob ich auf dem Parkplatz übernachten dürfte. Von ihnen aus schon, die Stadt Kalispell verbietet generell das Übernachten in einem Wohnmobil ausserhalb eines Campingplatz. Viele Städte in den USA wollen so die Obdachlosigkeit unsichtbar machen. Ich bekam den Tipp für einen Platz nach der Stadtgrenze neben einem geschlossenen Supermarkt. Für das Kopieren aller Daten und Offline-Karten vom Internet auf das Handy benötigte ich eine gute WLAN-Verbindung. Dafür machte ich nochmals einen Zwischenstopp beim Ferienhaus von Anne und ihrer Familie. Sie hatten Besuch von Freunden und deren drei Kinder, deshalb fuhr ich am Abend noch weiter zum mir bereits gut bekannten Stellplatz. Dort blieb ich am nächsten Tag stehen.
In Golden, einem Eisenbahnknotenpunkt, übernachtete ich auf einem Schulparkplatz neben dem Kicking Horse River. Während der Ferien steht der Parkplatz leer. Der Fluss bekam seinen Namen von einem Vorfall, bei dem der erste Kartograf in der Gegend von einem Esel getreten wurde. Aus dem Esel wurde dann ein Pferd.
Der Trans Canada Highway (TCH) führt zum Yoho-Nationalpark. Als erstes wollte ich den Emerald Lake im Park umrunden. Laut Führer ist das eine einfache, schöne Wanderung. Ich fuhr zweimal um den übervollen Parkplatz herum, konnte aber keinen halbwegs legalen Parkplatz finden. Die acht Kilometer lange Strecke zwischen der TCH und dem See war zumindest schön zu fahren. In der Nähe der TCH befindet sich die Natural Bridge im Kicking Horse River. Es ist wirklich beeindruckend, wie das Wasser strömt.
Beim Takakkaw Falls hatte ich mehr Glück mit dem Parkplatz. Mit einer Höhe von 245 Metern ist dies der zweithöchste Wasserfall Kanadas. Je näher ich am Wasserfall war, desto kühler wurde die Luft. Das Wasser kommt aus dem darüber liegenden Daly-Gletscher. Trotz des grossen Abstands zum Wasserfall wurde ich feucht und musste die Brille und das Fotoobjektiv putzen. Bei den sommerlichen Temperaturen war die Abkühlung eine willkommene Erfrischung. Als Nächstes besuchte ich zwei kleinere Wasserfälle am Yoho River.
Im Bow River Tal verliess ich die TCH und fuhr weiter in nördlicher Richtung auf der Icefields Parkway. Laut einem Reiseführer ist dies die schönste Gebirgsstrecke in Kanada. Beim Bow Summit (2070 m) spazierte ich mit vielen anderen TouristInnen zum Peyto Lake Viewpoint. Der Blick auf den türkisfarbenen See im Tal ist wirklich schön. Man muss anstehen, um zu fotografieren. Weiter talabwärts zwängt sich der Mistaya River durch einen Canyon. Beim Saskatchewan River Crossing traf ich auf dem Parkplatz ein Schweizer Paar mit einem grossen Fernreisemobil auf Basis eines 4x4 Zetros LKW. Als wir kurz miteinander plauderten und ihre Fahrertür offen stand, fragten nacheinander zwei ältere Herren, ob sie kurz hinein sitzen dürften. Die Frauen machten Fotos von ihren strahlenden Männern, wie sie hinter dem Steuer sassen. Dann bog ich auf die Hwy 11 ab, um den Nationalpark zu verlassen. Ich fand einen ruhigen Platz zum Übernachten.
Schon am Abend vorher sah ich Rauchwolken in nördlicher Richtung. Am Morgen waren sie immer noch gut zu sehen. Als ich weiter auf der Icefields Parkway fuhr, wurden die Rauchwolken immer dichter. Trotzdem stieg ich auf dem Parker Ridge Trail eineinhalb Stunden den Berg hinauf. Im Reiseführer las ich, dass man von dort aus eine tolle Aussicht auf Gletscher und ins andere Tal hat. Das kann gut sein, leider war die Sicht durch den Rauch eingeschränkt. Der Weg ist gut zu gehen, erst in Serpentinen hinauf, oben dann ein wenig flacher. Je weiter man nach Norden kommt, desto weniger wurde der Rauch auf der Icefields Parkway. Kurz vor der grössten touristischen Attraktion, dem Columbia Icefield, wanderte ich durch den Wald hinauf zu einem Aussichtspunkt, von dem aus man einen schöneren Blick auf den Gletscher hat. Die Parkplätze beim Besucherzentrum waren voll. Von dort aus kann man an Bustouren auf dem Gletscher teilnehmen. Ich parkte kurz auf einem Platz in der Nähe und schaute mir den Rummel an. Die Region ist bekannt für ihre zahlreichen Wasserfälle. Ich sah noch nicht genug und schaute mir deshalb als Nächstes die Sumwapta Falls und später die Athabasca Falls an.
Von den Athabasca Falls aus fuhr ich auf der alten Icefields Parkway weiter. Dort zweigt die 14 km lange Mount Edith Cavell Road ab. Vor der Abzweigung kam ich am Wabasso Campground vorbei. Es war kurz vor 5 Uhr und bis zu einem Übernachtungsplatz ausserhalb des Nationalparks waren es noch 100 km. Ich erkundigte mich am Schalter, ob noch ein Platz für eine Nacht frei wäre. Ich war echt überrascht, als die junge Frau sagte, dass sie noch einen Platz für mich hat.
Am nächsten Morgen fuhr ich ausgeschlafen die kurvenreiche, enge Mount Edith Cavell Road hinauf. Edith Cavell arbeitete im Ersten Weltkrieg in Belgien als Krankenschwester. Während der deutschen Besetzung verhalf sie alliierten Soldaten zur Flucht. Sie wurde von einem deutschen Militärgericht zum Tode verurteilt und hingerichtet. Die beiden Parkplätze am Ende der Strasse waren überfüllt. Ich wartete und drehte eine Runde und fand schliesslich eine passende Lücke.
Der Weg ist teilweise ziemlich steil und asphaltiert und führt zu einem Aussichtspunkt. Der Angel Glacier erinnert heute nur noch mit viel Fantasie an einen Engel, denn er wurde durch den Gletscherrückgang stark geschrumpft. Man kann über Steine zum Cavell Pond hinuntersteigen. Am Cavell-Gletscher befindet sich ein kleiner See, auf dem zahlreiche Eisschollen schwimmen. Als ich zurück beim Van war, wurde ich gefragt, ob ich wegfahre. Ja, in zwei bis drei Minuten bin ich fertig. Ahh, so lange würden sie gerne warten.
Jasper ist das touristische Zentrum des Nationalparks. Hier füllte ich den Dieseltank und nutzte die Dusche in einer Münzwäscherei. Für 7 CA$ (4.60 CHF) konnte ich 10 Minuten lang duschen. Erfrischt fuhr ich auf der Hwy 11 aus dem Nationalpark. Der erste Ort, den ich auf iOverlander fand, gefiel mir zu übernachten nicht. Einen anderen Ort behagte auch nicht. Der Handyempfang war zwar sehr gut. Aber auch nur annähernd eben und so stehen, dass ein anderes Fahrzeug noch vorbei kommt, gab es auf diesem Waldweg nicht. Beim Zurückfahren fand ich einen guten ruhigen Platz an dem Hasen, kleine Eichhörnchen, Vögel und Schmetterlinge vorbei kommen. Hier machte ich einen Tag Pause.
Auf journal21.ch werden täglich ein paar Worte einer Persönlichkeit vorangestellt. Kürzlich stand von Pablo Neruda:
«Wer nicht reist, nicht liest, nicht Musik hört, nichts Positives an einem selbst findet, stirbt langsam.»
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