Honolulu – als kleines Mädchen war für mich (und für andere Kinder in meinem Umfeld) Honolulu ein imaginärer Name, nicht existierend. Man sprach ihn aus, wenn man genug von irgend etwas hatte, zornig, enttäuscht… war.
Es gibt sie wirklich, die Stadt Honolulu auf der Insel Oahu in Hawaii wo wir nach unserer bisher längsten Überfahrt anlegen.
Die Leinen lassen wir am 31. Januar 2020 in Puerto Lucia, La Liberdad, Ecuador, los. Wir sind voll gepackt mit frischen und anderen Lebensmittel. Wir rechnen mit 40 – 45 Tagen bis zu unserer Ankunft auf Hilo (Big Island) unser geplantes Ziel. Wenig Wind und drei Knoten Fahrt, das ist unser Beginn. Dafür taucht ein riesiger Wal (deutlich grösser als unser Boot) ganz in der Nähe der Dada Tux auf. Ist es ein Blauwal? Das ist jedoch wohl in dieser Gegend eher unwahrscheinlich jedoch als Idee sehr verlockend zu glauben. Was für ein Spektakel zu unserem Abschied resp. zum Beginn unserer bisher längsten Überfahrt.
n der Nacht tauchen die uns schon bekannten Laserstrahlen und die vielen verschieden farbigen Lichter der Fischerboote auf. Wir sind froh sie bald achterlich zu haben. Eine grosse Delfinschule (mindestens 30) begleitet uns lange und beschert uns eine grossartige Schau. Am vierten Tag unserer Reise fällt die Batteriespannung zusammen. Solarpanele und Superwind liefern je nach Kurs und Sonneneinstrahlung Strom, in der Nacht wird es jedoch kritisch. Es stehen folgende Optionen zur Diskussion: zurück nach Puerto Lucia, auf die Galapagos, Panama oder weiter bis nach Hawaii. Unser Dieselvorrat von 1000 Liter würde uns erlauben täglich mehrere Stunden den Motor laufen zu lassen und die Batterien auf zu laden. So entscheiden wir uns weiter zu segeln und an Stelle von Hilo (Big Island) Honolulu auf Oahu an zu laufen.
Nach 6 Tagen passieren wir südlich die Galapogos Inseln und hoffen bald Richtung Äquator zu steuern. Doch wir folgen einige weitere Tage dem südäquatorialen Strom westwärts. In der Regel haben wir wenig Welle, gute Winde und Strömung mit uns, so dass wir angenehm gut voran kommen. Zum Glück haben wir unseren «Peterli» die Windfahnensteuerung. Diese mechanische Steuerung «spart» viel Strom und wie schon von der Reise Islas Juan Fernandez nach Ecuador schalten wir alles aus, was nicht unbedingt nötig ist. Wir gehen davon aus, dass wir in Honolulu eine bessere Versorgung haben. Dieses Batterieladeproblem beschert uns (vor allem Hansueli) einige Tage Arbeit auf hoher See, messen der einzelnen Batteriespannungen, eine Batterie wird abgehängt, da sie von den anderen ernährt wird. Dann, auswechseln des Alternators um zu schauen ob es daran liegt (was nicht der Fall ist, dies dachten wir, wollten ganz sicher sein), kontrollieren aller sonstigen Anschlüsse. Es bleibt dabei, die Batteriekapazität ist «krank» und wir müssen damit zurecht kommen.
Es stellt sich ein Tag-Nachtrhythmus ein: Zwei mal täglich rufen wir die Wettervorhersage über Predictwind ab, entscheiden danach unsere Segelstrategie (Kurs, Besegelung). Die frischen Lebensmittel werden täglich kontrolliert. Wir haben frisches Obst bis zum 34. Tag, Gemüse (Kürbis, Zwiebeln, Knoblauch, Zitrone und Ingwer) bis nach Honolulu. Ebenso dazu gehört ein tägliche Kontrollgang auf Deck. Unsere Wachen dauern jeweils ungefähr 5 Stunden, für uns eine gute Lösung. Das gibt jedem von uns einige Stunden Schlaf am «Stück». Tagsüber schlafen wir nach Bedarf. Die fliegenden Fische und Tintenfische verstehen nach wie vor nicht, dass sie besser von Bord bleiben, hinterlassen ihre glänzenden Schuppen und ihre Tinte. So finden wir täglich einige auf dem Laufdeck.
Was so alles «passiert» auf einer Überfahrt: Es gibt Tage mit Sonne, Bewölkung, Regen, mit Mondschein, mit Sternenhimmel, auch bedeckte, ganz dunkle Nächte. Am 9. Tag sehen wir ein chinesisches und ein taiwanisches Fischerboot (Fischfabrik?). Sie sind in genügender Distanz. Ich sehe eine schwarze Fischerfahne, meiner Meinung nach mindestens ½ NM entfernt, doch schon bald verfängt sich eine Leine in unserem Ruder und wir schleppen Leine und leere Behälter hinter uns her. Es bleibt uns nichts anderes übrig als die Leinen zu durchschneiden. Wir hoffen, die Fische freuen sich darüber. Beim Setzen des Parasailors hat sich dieser inwendig so stark verdreht dass wir ihn trotz wenden und drehen, wieder hinunter, hinauf….nicht richtig entfalten können und wir brechen das Manöver ab.
Alle 6 Tage läuft unser Wassermacher, d.h. für Hansueli und mich jeweils duschen, ein Luxus den wir sehr geniessen, denn es ist heiss und die Luftfeuchtigkeit ist sehr hoch. Die Wäsche fühlt sich feucht an. Für mich gibt es angenehmere Klimas. Den Äquator überqueren wir am 23. Tag kurz nach Mitternacht und opfern selbstverständlich Neptun (und uns) einen guten Tropfen. Wir haben in der Kalmenzone einige Tage leichtere Winde, kommen jedoch trotz Gegenstrom, wenn auch langsam, voran. Um in Hawaii in der richtigen Zeitzone anzukommen, setzen wir alle paar Tage die Uhr um eine Stunde zurück, d.h. fünf Mal eine Stunde (UTC – 10). Einmal sehen wir kleine Delfine hoch in die Luft springen und mit einem «Bäuchler» landen. Vereinzelt fliegen Möwen ums Schiff und zeigen ihre Flugkünste. (Fast) allein auf weiter See, das ist unser Alltag. Zwei Frachter und einen Tanker sehen wir in etwa 6 nsm Distanz. Dazu drei Fischerboote. Das ist die ganze «Ausbeute» bis kurz vor Hawaii.
Die nächste Wettervorhersage sagt in einigen Tagen Starkwind und bis zu 5 Meter hohe Wellen an, gerade dann wann wir laut unseren Berechnungen dort sein sollen. Wir entscheiden uns die Segelfläche stark zu reduzieren und 2-3 Tage zu «dümpeln», damit es uns nicht allzu stark erwischt. Nicht immer können wir den direkten Kurs halten, wir laufen zu südwärts (für den Sturm jedoch besser) und halsen später. Wir entscheiden uns das Bimini zurück zu setzen, damit eine eventuell hohe Welle das Bimini nicht zerdrückt, schauen nach ob wir genügend Gas haben, damit wir die Gasflasche ganz hinten auf der Heck nicht wechseln müssen und bereiten uns auf diese Starkwindphase vor. Ab dem 31. Tag haben wir viel Wind (bis zu 44 kn) und hohe Wellen querab und wir ändern den Kurs, damit die Wellen achterlicher kommen. Bei Hansueli und mir sind sie immer unterschiedlich hoch, meine sind etwas höher als die von Hansueli aber wir einigen uns auf etwa 4 Meter. Das erste Mal überhaupt schwappt eine Welle ins Cockpit und ein kleiner Strahl fliesst in den Salon, weil wir die Türe nicht vorsorglich schliessen. Bis einen Tag vor unserer Ankunft in Honolulu segeln wir mit Reff 3 im Gross, dem Kutter vor allem nachts ebenfalls im 3. Reff. Brecher peitschen über die Dada Tux hinweg, auch über die Doradenlüftung kommt Wasser ins Boot. Es ist ungemütlich. Am 37. Tag werden wir von einer Welle stark seitwärts gelegt. Der Bilgenalarm im Heck geht los, so dass wir kontrollieren und Wasser absaugen. Langsam kommt Hawaii (Big Island) in Sicht und Wind und Welle verändern sich laufend. Die letzte Wache verbringen wir bei Vollmond entscheiden uns am letzten Tag mit Unterstützung des Motors zu segeln, damit wir vor der Dunkelheit Honolulu anlaufen können.
Von weitem sehen wir die Küstenwache, welche dann tatsächlich mit 5 Personen in einem Dingi an uns festmacht. Drei davon kommen an Bord und kontrollieren Papiere, Rettungsausrüstung, wollen den Abfall sehen fragen jedoch nicht nach ob wir noch frische Lebensmittel an Bord haben. So fahren wir mit den 3 Personen von der Küstenwache ins Hafenbecken ein und machen am alten Tankstellendock an bis alles erledigt ist. Die Behörde ist nett es ist jedoch für uns befremdendes Ankommen. Wir finden mit Hilfe eines Clubmitgliedes einen Platz im Hawaii Yacht Club längs eines Katamarans und können vorerst mal da bleiben. Von Bord dürfen wir erst, wenn der Zoll unsere Pässe abgestempelt und die Dada Tux «genügend» kontrolliert haben. Tatsächlich kommen um 20:00 zwei Männer vorbei, einer für die Pässe und Kontrolle, der andere für den Abfall. Unser Abfall geben wir in einem grossen dichten Plastiksack ab welcher verschlossen und entsorgt wird. Am nächsten Morgen müssen wir zum Zoll und bekommen die Bewilligung 1 Jahr mit unserer Dada Tux in US Gewässern zu segeln.
Bei unserer Ankunft war der Virus noch kein Thema, paar Tage später wäre es vermutlich schwieriger gewesen einzureisen.
Nach knapp 40 Tagen und 5514 NM (10212 km) sind wir in Hololulu, Oahu, Hawaii angekommen.