Es ist unsere bisher längste Fahrt. Nach 11 Tagen zwei Stunden und 1495 sm (2768,7 km) segeln wir von Ponta Delgada (Sao Miguel, Azoren) nach Cherbourg (Normandie, Frankreich).
Da die meisten unserer Freunde anderen Freizeitbeschäftigungen als segeln nach gehen versuche ich zu beschreiben, wie dann so eine Vorbereitung und Langfahrt aussehen kann.
Am 24. August scheinen Wind und Wetter für einige Tage so zu sein, dass wir den Schritt wagen. Es sind immer wieder einige Hochs angesagt, d.h. mit wenig bis keinem Wind, dafür dann nordwärts Tiefs welche von Westen her heranbrausen und uns kräftige Winde und Wellen bescheren. Dazu gibt es immer wieder etwas Regen.
Seglerisch ist es eine rechte Herausforderung jeweils in der gewünschten Richtung vorwärts zu kommen.
Zwei Mal pro Tag rufen wir das Wetter über das Satellitentelefon wir ab und bestimmen danach unsere Route. Wir können nicht immer die direkte Route segeln, wir kreuzen oder halsen einige Male um Wind in den Segeln zu haben. Bei Flaute überlegen wir gut, ob wir den Motor starten oder die Flaute ausharren. Unsere Dada Tux ist jedoch sehr „tapfer“ und sie segelt mit nur 3,8 kn Wind 5,3 kn Fahrt. Eine wirkliche Glanzleistung, auch dank unserem speziell geschnittenen Grosssegel. Dies erspart uns einige Stunden mit dem Motor zu fahren oder zu „dümpeln“ und die Ankunftszeit zu verlängern.
Wir haben 380 Liter Diesel plus einen Reservekanister von 25 Litern. Pro Stunde motoren rechnen wir mit 4 Litern (sehr gut berechnet damit wir auf der sicheren Seite sind). Das heisst wir können etwa 100 Stunden oder 4 Tage mit dem Motor fahren. Gesamt gerechnet läuft unser Motor während 46 Stunden. Es gibt Tage, da sehen wir kein einziges Schiff und ausgerechnet mit demjenigen, welches wir nach einigen Tagen sehen sind wir auf Kollisionskurs, nachts bei Regen, Wind und Wellen.
Über Funk wird das Kreuzen vorgegeben: Steuerbord, steuerbord, d.h. dass sich beide Schiffe auf der rechten Seite kreuzen und ggf. nach links ausweichen. Je näher wir in Richtung englischen Kanal segeln, nimmt der Schiffsverkehr, jedoch auch Wind, Wellen, Regen und Nebel rapide zu. Die Strömung ist nicht ausser acht zu lassen, bei der Einfahrt in den englischen Kanal haben wir Strom mit uns uns rauschen mit teilweise über 11 kn vorwärts, kurz vor Cherbourg kehrt die Strömung und obwohl wir durchs Wasser 7-8 kn laufen, kommen wir kaum über 3 kn über Grund vorwärts. Wir laufen jedoch vor Dunkelheit in Cherbourg ein und machen unser Schiff fest.
Abmelden in Ponta Delgada
Wie bei der Ankunft müssen wir alle 4 Stationen durchlaufen. Die Immigration hat geschlossen. Wir erhalten ein Papier mit drei Stempeln, der vierte wird uns geschenkt.
Einkauf von frischen Lebensmitteln / Ernährung
Wir rechnen mit einer Überfahrt von 10 – 12 Tage. Am Morgen gehen wir nochmals auf den Markt und kaufen so ein um möglichst täglich frisches Obst, Gemüse und Salat zu haben. Dabei achten wir, dass die Ware nicht gekühlt wurde und dass es verschiedene „Reifegrade“ gibt.
Zwiebeln, Knoblauch, Ingwer, Avocados, Tomaten, Gurken, grüner Salat (dieser hält keine 10 Tage), Orangen, Bananen, Melonen, Birnen, Ananas, Zitronen, Broccoli, Blumenkohl, Peperoni, Aubergine, Zucchini, Kartoffeln, Süsskartoffeln, Choucou (Kohlraben ähnlich) Rot- und Weisskohl, Kürbis, Eier, Käse, Brot.
Hansueli macht Humus welcher gut 10 Tage haltbar ist. Weizen- und Linsensprossen werden täglich frisch dem Müesli und dem Salat beigemischt. Dazu gibt es geröstete Körner. Um genügend mit Vitaminen und Mineralstoffen versorgt zu sein, nehmen wir pro Tag eine Tablette zur Ergänzung bei vegetarischer Ernährung.
Wir vakuumieren den Käse portionenweise, waschen Gemüse und Obst bevor alles im Schiffsinnern verstaut wird. Es geht wunderbar auf und bei unserer Ankunft reicht es für ein Nachtessen und für das Frühstück.
Für alle die sich interessieren, was wir dann den ganzen Tag so zu uns genommen haben hier einige Beispiele:
Das Frühstück besteht aus Früchtemüesli mit Joghurt und Weizensprossen Schwarztee
Zum Mittagessen essen wir Brot – auf der Fahrt hat Hansueli gebacken – mit Käse und Humus, Mineral
Auf Nachtwache gibt es Brot, diverse Kräckers, Trockenfrüchte, Energieriegel, Mineral. Die ersten zwei Tage nehmen wir abends „nur“ eine Bouillon mit Ei, Brot und etwas Käse zu uns (Angewöhnungsphase) Die nachfolgenden Tage gibt es jedoch immer Salat mit Linsensprossen und gerösteten Körnen. Dazu gibt es unter anderem Broccoli auf Ingwer/Zwiebelbeet und rote Linsen, Gemüsecouscous, Kokosnuss-Süsskartoffeln-Kürbiseintopf, Gschwellti und Chäs, Rotkraut mit Kartoffeln, Quinoaplätzli mit Chou-Chou Gemüse….
Abfallentsorgung während der Reise
Alle Rüstabfälle (ausser Bananen, Orangen und Zitronenschalen) werden dem Meer gegeben, leere Flaschen werden dort gelagert, wo sie auch im vollen Zustand waren und erst an Land wieder entsorgt, die anderen Abfälle werden so gut es geht zerkleinert und in Abfallsäcke gefüllt, welche dann in der Backskiste gelagert werden.
Sicherheit
Wir tragen, mit wenigen Ausnahmen, Schwimmwesten. Bei „Arbeiten“ ausserhalb des Cockpits sichern wir uns zusätzlich mit einer Leine, welche von der Schwimmweste an einer am Laufdeck befestigten Leine eingehakt wird. Auf Wache sind wir auch im Cockpit eingehakt. Das stellt man/frau sich ungefähr so vor. Es gibt 4 Ösen zum einhaken. Wir spannen zwischen zwei Ösen eine Leine, so dass wir mehr Bewegungsfreiheit haben (etwa so ähnlich wie ein Hund an einer Kette), müssen uns jedoch nicht von einer Öse zur anderen immer wieder ein- resp. ausfädeln und wir fühlen uns sicher.
Tage und Nächte
Wasser, Himmel, Sonne, Mond, Sterne, Regen, Wolken, Wellen in ganz unterschiedlichen Farben und Nuancen wechseln sich ab. Wir versuchen, das Wetter anhand der Wolken zu deuten, mehrere Tage sehen wir ein Halo rund um die Sonne. Das sieht wunderbar aus, so einen Regenbogen um die Sonne, verspricht jedoch nicht so sonniges Wetter. Wir haben warme, sonnige Tage, kühlere und regnerische. Verschiedene Möwenarten zeigen uns ihre Segelkünste, begleiten uns ebenso wie Delphine. Wale, obwohl es in dieser Gegend gibt, haben wir leider bis jetzt noch nicht gesehen. Wir verlieren ab und zu das Zeitgefühl wissen nicht mehr ob wir nun schon 4 oder 5 Tage auf See sind. Es sind Tage voller individueller und gemeinsamer Erfahrungen. Es ist eindrücklich wie die Leere mich füllt.
Anmelden in Cherbourg
Im Gegensatz zum Anmelden in Ponta Delgada mussten wir in Cherbourg keinerlei Papiere zeigen. Weder Pass, Versicherung oder Flaggenschein. Der Flaggenschein wurde nur benutzt, um die Namen richtig abzuschreiben.