Von Helen auf Mittwoch, 25. Oktober 2017
Kategorie: Region

Cherbourg – adieu

Verkauf der Dada Tux – German39c, Probe segeln, Kastanien sammeln, Orphelia und Brian lassen uns weiter warten, letzte Vorbereitungen zum definitiven Ablegen, Intermezzo

Verkauf

Wir sind wohl ab der Freude, den Bau der Exploration 45 hautnah verfolgen zu können, etwas „blauäugig“. Auch glauben wir nur zu gerne, noch nicht alte und sehr gut ausgerüstete und gepflegte Aluyachten, finden rasch einen Käufer.
Selbstverständlich treffen wir diese Entscheidungen und es liegt uns fern jemandem andern die Schuld zu geben. So werden wir erst diesen Sommer wirklich aktiv. Es war (und ist) eine interessante, jedoch auch „harte“ und zermürbende Erfahrung. Zu dem haben wir das Pech, dass wir das Boot mehr als 7 Wochen wegen einem Defekt des kommerziellen Travellifts nicht ins Wasser setzen können.

Ich erzähle einfach mal einige Anekdoten, eine davon als Warnung.
Wir bekommen über längere Zeit täglich Anrufe von einer Person, welche das Boot bar bezahlen will, ohne es zu sehen. Dafür hätten wir nach Belgien reisen müssen um den Handel ab zu schliessen. Betrug, Geldwäscherei, auf alle Fälle nicht koscher. Erstaunt hat uns, dass da jemand auf dem Gebrauchtbootmarkt und vermutlich noch auf einigen anderen Märkten, gezielt nach potentiellen Opfern sucht.
Ein anderer träumt sich ein Leben nach der Pensionierung als Solosegler auf den Weltmeeren und muss sich eingestehen, dass seine „Persönlichkeit“ dazu nicht geeignet ist.
Ein Dritter sieht sich das Boot an, obwohl er ein Serienschiff, wie z.B. eine Bavaria, sucht...
Wahrlich eine nicht immer einfache Situation.


Von einem Interessenten wird eine Schiffsexpertise in Auftrag gegeben mit einem sehr guten Resultat. Das entlastet uns ebenfalls, sind wir doch so abgesichert ein nicht nur in unseren Augen gutes Schiff zu verkaufen.
Wir können aktuell das Boot mehrere Male verkaufen. Die Qualität des Schiffes, die gute Expertise, jedoch auch der „Schnäppchenpreis“ sind schlussendlich ausschlaggebend. Wir wissen nun die Dada Tux German 39c in guten Händen.

Probe segeln

Mit verschiedenen Personen segeln wir die Dada Tux German 39c Probe, einige davon Regattaseglern. Wetter und Wind sind uns gut gesinnt und so kann die Segelyacht zeigen was sie kann. Wieder auf dem Wasser zu sein macht Hansueli und mir ebenfalls viel Spass und bestärkt uns im Entscheid in einigen Tagen los zu segeln. Unsere „Kleine“ läuft prima, sicher, schnell und nie aus dem Ruder und wird entsprechend gelobt.

Ein Meer voll Kastanien


Die sonnigen Herbsttage haben ihren Reiz. Wir unternehmen einen Ausflug ins Château de Ravalet mit seinem im französischen und englischen Gartenstil angelegten Park und wandern anschliessend in einen nahe gelegenen Weiler. Unterwegs finden wir Edelkastanien. Wir sammeln über ein Kilo und verarbeiten sie zu einem gut mundenden Abendessen - karamelisierte Kastanien mit Rotkraut. Für uns als Vegetarier ist es fleischlos, wenn gleich uns vor vielen Jahren Wild, ein Rippli etc. dazu gut geschmeckt hätte.

Unschönes Intermezzo

Ein sehr unangenehmes Erlebnis erleben wir vom Samstag auf den Sonntag (14./15.Oktober). Gegen zwei Uhr morgens wache ich auf und sehe einen Lichtstrahl an unserer Eingangstür. Eine Person steigt die Stufen in den Salon hinunter. Zuerst glaube ich es ist Hansueli, doch dann fühle ich neben mir im Bett und er liegt neben mir. Ich schrecke auf, stosse die lautesten und wüstesten Schimpfwörter auf schweizerdeutsch aus und so verschwindet die Person mindestens rasch wieder. Wir versuchen hinter her zu rennen, sehen jedoch nur noch das Schlusslicht eines davon fahrenden Autos. Unsere beiden Fahrräder sind weg und so machen wir uns auf zur Polizeistation um einen Diebstahlrapport ab zu geben. Die Station ist offen am Sonntag, jedoch für einen Rapport müssen wir an einem Wochentag vorbei kommen. Eine Schadensanmeldung an die Versicherung folgt und so harren wir der Dinge die da kommen. Es zeigt uns leider, dass Raub, Einbruch, Diebstahl, Betrug überall zu Hause sind.

Orphelia und Brian

Diese beiden Stürme ziehen in der Nähe vorbei und lassen uns weiterhin warten. So wird hier im Port Chantereyne die uns gegenüberliegendes 150 Tonnen schwere Motoryacht „Elena“ in einem aufwändigen Manöver in den Innenhafen abgeschleppt und sturmfest vertäut. Es scheint sich um das ehemalige Boot des Meeresforschers Jacques -Yves Cousteau zu handeln. Auch wir vertäuen unsere Dada Tux noch besser und überwachen die Geschehnisse vor Ort. Das Lichtspiel, welches uns vor allem Orphelia gegen Mittag bescherte, war im wahrsten Sinne des Wortes schrecklich schön: sepiafarbenes Licht, eine rote Sonne, Abenddämmerung. Dazu lag ein Flirren und irgendwie etwas magisch unheimliches in der Luft.

Port Chantereyne und einige seiner BewohnerInnen

Die Marina leert sich. Mit uns hier sind Marion und Paul auf der Luna Mare. Sie warten nach einigen anstehenden und nun ausgeführten Reparaturen, auf ein Wetterfenster um südwärts zu segeln. Gemeinsame Abendessen und „Nachmittagskränzchen“ ergeben interessante Gespräche.


Armelle und Dominic, ein französisches Paar, wohnen seit fünf Jahren in Port Chantereyne, sind sehr freundlich und oft unsere erste Anlaufstelle bei Fragen. Sie laden uns zu einer Herbstfahrt in ihrem Auto ein. Diese führt uns der Küste nach Richtung Süden zu einer bekannten und exquisiten Biskuitfabrik, welche seit 1903 besteht. Neben den Biskuits werden verschiedene regionale Produkte in hübsch zurechtgemachten Verkaufsläden im Stil der Zwanzigerjahre angeboten. Armelle und Dominic kennen die Gegend wie ihre Hosentasche, ist doch Armelle hier aufgewachsen und Dominic seit langer Zeit in dieser Gegend.

Unsere englischen Bekannten, Jan und John, verlassen Cherbourg nach über zwei Jahren auf ihrem über sechzig jährigen Holzsegelboot und gehen zurück nach Südengland.


Wir sehen die letzten Male die Jungen und Mädchen mit ihren Optimisten, kleinen Katamaren, Laser ihre Sportstunden auf dem Wasser verbringen (fast bei jedem Wetter und ausser Januar/Februar das ganze Jahr über). Mit den Leuten von Port Chantereyne verbindet uns eine Herzlichkeit ebenso wie mit den Werftmitarbeitenden.

Mittwoch, den 25. Oktober gegen Mitternacht bei Hochwasser laufen wir aus. Der Plan ist über die Biskaya direkt bis nach Vigo zu segeln. Wir freuen uns auf neue Orte, Begegnungen, wieder unterwegs zu sein; auf die Delphine die uns ein Stück begleiten, Wale, Schildkröten und vieles mehr.

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