Von Helen auf Mittwoch, 01. August 2018
Kategorie: Südamerika

Entlang unterschiedlicher Küsten wie die der Entdecker, der Wale, der Grünen Küste, des Kaffee`s

Entlang unterschiedlicher Küsten wie die der Entdecker, der Wale, der Grünen Küste, des Kaffee`s

Ilhéus bis Paraty

Allgemein:

Ich möchte allen, welche Lust haben mit der Geschichte all dieser Orte vertrauter zu werden das Buch von Stefan Zweig „ein Land der Zukunft“, ein Reisebuch und eine Liebeserklärung an Brasilien (1940/41) empfehlen. Es ist ein Buch von hohem sprachlich-literarischem Wert und gibt einen wunderbaren auch geschichtlichen Abriss der meisten Gegenden, welche Hansueli und ich besuchen. Auch Jorge Amado (geboren in Ilhéus) beschreibt vor allem seine Heimatregion Bahia in realistischen Bildern vorwiegend des sozialen Lebens. Es gibt neuere sicher auch gute Literatur, ich habe einfach „Zweig“ und „Amado“ gelesen und bin begeistert. Es sprengt unseren Rahmen und ist ja nicht für alle gleich interessant, jeweils noch allzu viel Geschichte im Blog zu schreiben. Unser Blog soll vorwiegend unsere punktuellen Erlebnisse und Eindrücke wieder geben.


Es regnet seit gut 2 Tagen, die Sicht ist schlecht, es hat wenig Wind und so verschieben wir die geplante Abfahrt um einen Tag.
Von Ilhéus nach Coroa Vermelha geht unsere Reise. Die Strecke beträgt ca 120 sm. Wir gehen Anker auf gegen 14.00 und kommen am nächsten Tag an. Die Strecke entpuppt sich als eine Art „Katz und Mausspiel“; es regnet, keine 5 Minuten später scheint die Sonne, es hat Wind zum segeln, wir setzen entsprechend Segel, kaum erledigt ändert der Wind seine Richtung und/ oder er schläft wieder ein. So heisst es für uns „fieren“, „dicht“ nehmen“, Genua einrollen, Genua ausrollen, Motor ein, Motor aus. Wir sind beschäftigt. Nicht zu unterschätzen sind die zahlreichen Fischerboote besonders nachts. Sie haben kein AIS oft auch keinen Radarreflektor. Mit ihren Lichtern erscheinen sie auf dem Meer wie Sterne am Himmel, am Horizont kaum zu unterscheiden und so sehe ich tatsächlich plötzlich 3 Fischerboote, wo vorher nur eines war (zwei davon sind Sterne). Es gilt in regelmässigen Abständen mit Fernglas und von Auge eine sorgfältige Rundumsicht zu machen. Der Vollmond scheint, dann verschwindet er hinter dunkeln Wolken. Auch er spielt „Katz und Maus“ mit uns.

Wir ankern in der Bucht von Coroa Vermelha, wo im Jahre 1500 die erste brasilianische Messe gelesen wurde. Bei Ebbe fällt eine grosse Sandbank trocken, so dass wir beinahe rundum von Sand umgeben sind und wir liegen ruhig. Bei Flut schwappen die Wellen über die Sandbank und wir werden etwas mehr geschaukelt. Die Leute der kleinen Strandrestaurants, wohin wir mit unserem Dinghi an Land gehen, sind äusserst freundlich und hilfsbereit, passen auf unser Dinghi auf während wir unterwegs sind. Von den Ausflügen zurück trinken wir ein eisgekühltes Bier in der einfachen Strandbar und unterhalten uns auf portugiesisch, inklusive Hände, Füsse und eine gute Portion Mimik mit den Einheimischen. Porto Seguro, etwa 30 km von unserem Ankerplatz entfernt, besuchen wir mit dem Bus. Ehemals ein kleines Fischerdorf ist es heute eine Feriendestination vor allem für BrasilianerInnen. In der Unterstadt geht es sehr touristisch zu, in der Oberstadt ist das historische Zentrum (500 Jahre brasilianische Geschichte). Die kleinen farbigen Kolonialhäuser sind farbig heraus geputzt und man fühlt sich in einem anderen Jahrhundert. Der „Hauptschmuck“ Porto Seguro`s ist jedoch einer der schönsten Strände Brasiliens. Bemerkenswert ist, dass es in Porto Seguro keine Hochhäuser gibt, nur zwei Stockwerke sind erlaubt und dadurch, mindestens für uns, den Dorfcharakter beibehält.

Hier, zwischengelagert, eine kleine Episode aus unserem Alltag. Bei uns gibt es: „Batterien in Kokosfett“ – ein schmackhaftes neues Menü auf der Dada Tux.
Ja, das gibt es tatsächlich, auch zu unserem Erstaunen. Natürlich nicht als Menü. Beim herausnehmen einer neuen Essigflasche aus der Bilge sehen wir, dass ein noch verschlossenes Kokosfettglas nur noch wenig Inhalt hat. Das Fett, durch die Wärme flüssig geworden, ergiesst sich  langsam über die Batterien, so dass diese in etwa ¾ Liter Kokosfett schwimmen. Für uns heisst das Batterien ausbauen, diese und die Batteriebox säubern und wieder einsetzen. Eine Arbeit von einigen Stunden, selbstverständlich ohne das Menü zu kosten.

Wir testen ebenfalls unseren „Freediver“, ein Tauchgerät, das uns ermöglicht mit einem externen Kompresser ungefähr 45 Minuten bis auf etwa 10 Meter Wassertiefe zu tauchen und gegebenenfalls bei Problemen des Propellers, verstopften Ausgängen etc. nach zu schauen. Kurze Tauchgänge sind ebenfalls damit möglich. Die ganze Aktion, mit anziehen der Taucheranzüge, Flossenschue und Flossen, Schnorchel, Tarierweste plus der dazu gehörende Versuch ob es denn auch funktioniert dauert seine Zeit. Wir sind beide nicht sehr geübt wissen nun aber im Notfall geht es. Wenn es die Wassertiefe erlaubt können wir mit der Dada Tux auch trocken fallen.


Unser letzter Aufenthalt im Staate Baiha gilt den vulkanischen und 1503 entdeckten Abrolhos Inseln, insgesamt deren fünf.
Mit einem angenehmen raumen Kurs segeln wir unserem Ziel entgegen und ankern um die Mittagszeit, nach 120 sm, im Süden der Insel Santa Barbara. Seit 1983 ist dieses wunderschöne, karge, vulkanische Gebiet, zirka 70 km vom Festland entfernt, ein Marinenationalpark und wird stark geschützt. Keine Insel darf ohne Bewilligung und ohne Führung besucht werden. Die farbenprächtigen Korallenriffe gehören zu den schönsten im Atlantik und einige seltene Arten existieren nur hier. Schnorcheln und tauchen sind erlaubt. Die Unterwasserwelt ist eindrücklich, von der Wasserschildkröte über unzählige farbenprächtige, für mich leider oft namenlose, Fische ist alles vorhanden. Wir sehen Fregattavögel, welche stolz herum fliegen und hauptsächlich auf einer der Inseln „zu Hause“ sind.


Für uns unbekannte und nur auf diesen Inseln lebende Vogelarten, wie z.B. die krummbeinige Atobà (Maskentölpel) können wir auf der Insel Siriba mit einer sachkundigen nur portugiesisch sprechenden Führerin, Barbara, aus der Nähe betrachten. Wir sehen ihre Brutstätten, hören die männlichen Lockrufe und die Antworten der Weibchen. Die verschiedenartigen Laute sind der einzige Unterschied zwischen den Geschlechtern. Zwischen Juni und September finden sich die Buckelwale in dieser Gegend ein um sich zu paaren. Einige sehen wir kurz vor unserer Ankunft aus der Ferne. Wir verbringen einige ruhige unvergessliche Tage auf diesem Archipel.


Von den Abrohlos Inseln geht es zum „Heiligen Geist„ Estado Espirito Santo nach Vitória, in ungefähr 200 nsm Entfernung. Anker auf bei Tagesanbruch und bei herrlich blauem sonnigen Wetter und 5 – 6 Bft aus räumlicher Richtung rauschen wir davon. Kurze Zeit später rufe ich ganz aufgeregt „ein Wal, ein Wal“. Da noch einer und dort eine Fontäne…… Rings ums Boot spritzt und brodelt es mal etwas näher, mal etwas weiter entfernt. Wir sind tatsächlich inmitten von unzähligen Buckelwalen. Wir sehen ihre Körper aus dem Wasser schnellen, wir sehen den Rücken, wenn sie gemächlich weiter ziehen und/oder die sich entfaltenden Schwanzflossen beim abtauchen.


Plötzlich „brüllt“ es, für mich so ähnlich wie Stierlaute, ganz in der Nähe des Buges. Ich schaue hin und sehe einen Rücken, den ich meine hätte fast berühren können. Der Wal taucht ab und kommt auf der anderen Bootseite wieder herauf. Dort findet er seine Auserkorene. Fasziniert vom ganzen Geschehen denke ich erst später an die Gefahr die uns lauerte und ich bin froh hat er die Dada Tux nicht mit seiner Geliebten verwechselt. Das „Spektakel“ dauert den ganzen Tag über an und wir kommen aus dem Staunen und „schau dort“… gar nicht heraus. Ein überwältigender Anblick und ein grosses Geschenk, dass wir dies erleben.


Nachts ist Windstille angesagt und dann soll der Wind aus südlicher Richtung kommen. Beim Entscheid weiter zu segeln unterschätzen wir die Folgen. Nach unseren Überlegungen können wir hart am Wind segeln. Dies ist schon so, jedoch so hart am Wind, dass wir keine Fahrt machen, da in der Zwischenzeit ebenfalls Wellen vom Norden auf Wellen vom Süden prallen. Eine sehr ungemütliche stampfende, mit dem Motor unterstützende Fahrt. Mit aufkreuzen segeln wir fast hin und her und der Wind frischt nochmals auf. Gegen acht Uhr abends ankern wir vor der Marina Vitória. Es ist schon tiefe Nacht, dunkel es ist gegen 18.00 Uhr.


Der Ankerplatz erweist sich am Morgen als ein sehr hübscher Ort, umgeben von Inselchen mit Palmen, anderen Bäumen und Pflanzen, Hochhäusern auf der einen, Villen und viel Industrie auf den andern Seiten. Sandstrand überall. Am Nachmittag, bei Hochwasser verlegen wir in die Marina in der Hoffnung gutes Internet, Strom und Wasser und all die Annehmlichkeiten eines Yacht Clubs zu geniessen. Dies erweist sich jedoch als Illusion. Der fixe Gästesteg ist sehr exponiert und Schwell und Tidenhub lassen die Leinen und uns leiden. An Land kommen wir über das Dinghi, welches wir zwischen Heck und Steg vertäuen. Eine herausfordernde Gleichgewichtsübung meistens inklusiver mindestens einem Fussbad. Strom gibt es keinen und das Wasser ist sehr teuer. Dafür besucht uns täglich eine Wasserschildkröte und klopft an unseren Rumpf. Das entschädigt schon für viel. Vitória selbst, auch klein Rio genannt, gefällt uns gut. Vitória liegt reizvoll an einer Bucht zwischen Wäldern, Bergen und Küste, besitzt neben moderner Architektur im feineren Ostteil noch zahlreiche neokoloniale Prachtbauten in der Oberstadt und einen Strand der (fast) an die Copacabana herankommt.


Behördengänge in Brasilien sind so eine Sache.

Unser erster Gang geht zu der Capitania dos Portos, wo wir uns wiederum melden müssen, da wir in einem neuen Staate sind. Wir werden sehr freundlich empfangen. Wir versuchen eine „Entrada“ und eine „Saìda“ gleichzeitig zu erhalten, damit wir nicht nochmals vorbei kommen müssen. Alles scheint zu klappen, nur das nötige Papier mit den Stempel rücken sie nicht aus. Die „Capitania dos Portos“ kündigt uns einen Besuch auf der Dada Tux an, andern tags zwischen 9 und 10 Uhr. Sie kommen zu dritt, das gewünschte Papier in der Hand, wollen kurz unseren Funk sehen und ausprobieren und sind in weniger als 5 Minuten wieder weg. Wir haben jedoch unsere „Saìda“ ebenfalls erhalten.

Diese Besuche bei den Behörden sind so eine Art Lotterie. Man weiss nie so ganz genau, was man antrifft, immer wieder tönt es etwas anders, sei es von den Behörden selbst, von den SeglerInnen, aber auch wenn man in einer Marina nach fragt. Wir erfahren von SeglerInnen, dass sie z.B. im Staate Bahia ankommen und als nächstes Ziel schon den südlichsten Staat angeben (oder umgekehrt). Das heisst, theoretisch müsste man die ganze Strecke ohne an Land zu gehen durch segeln. Dies erspart jedoch, wenn es klappt, die vielen Behördengänge. Auch mit der Visumverlängerung ist es so eine Sache. Personen aus EU Länder erhalten 90 Tage, wir als SchweizerInnen erhalten ebenfalls 90 Tage, sollten dann jedoch theoretisch um weitere 90 Tage verlängern können. Vor zwei Jahren war das für ein uns bekanntes Segelboot, resp. deren Personen noch möglich, dieses Jahr wissen wir von Personen von 2 Schweizerbooten, dass dies nicht mehr möglich war. Hansueli und ich entschliessen uns, auch aus anderen Gründen, vor dem Ablauf der 90 Tage definitiv aus zu klarieren. Unsere Visa sind bis zum 22. August gültig.

Wir unternehmen mit dem öffentlichen Bus Reisen bis an verschiedene Endstationen und erhalten so einen Überblick von Grösse und Quartieren der Stadt. Zudem reisen wir wie die autolose Bevölkerung und wir kommen ab und zu mit den Einheimischen in kurzen Kontakt. Für mehr reicht auch die portugiesische Sprache nicht aus. Wir steigen im Zentrum aus und stossen auf einen Benefizanlass für ein Ambulatorium. Wir verweilen bei einem kühlen Bier, kaufen ein paar Lose (ohne Nummern), nehmen für kurze Zeit Teil am mulitkulturellen Geschehen.

Wir besuchen den Jardin Botanico. Dieser erweist sich als sehr interessant, jedoch nicht als das was wir uns darunter vorgestellt haben. Das grosse Gebiet gehört dem barsilianischem Bergbauunternehmen Vale, Es gibt so eine Art Picknickplatz mit einem grossen Spielplatz und kleinen Ständen inmitten einer grünen Oase, wo sich hauptsächlich junge Familien tummeln. Geführt kann man Wald - Wanderungen machen, um Flora und Fauna zu entdecken. Dafür haben wir jedoch nicht das geeignete Schuhwerk an. Ein Bus fährt unentgeltlich rund ums Gelände an Hafenterminals, Eisenerzverarbeitung und -verladung vorbei. Erklärt wird das Ganze von einer Reiseleiterin. Alle, welche entweder eine Wanderung und/oder die Bustour machen, müssen sich registrieren lassen. Da wir keine brasilianische Registriernummer haben, nehmen sie mit den von uns immer mitgeführten Passkopien die Daten. Na ja, das scheint wohl unumgänglich zu sein, befremdend und nicht ganz angenehm.


Geplant ist, dass wir von Vitoria nach Angra dos Reis, der nördlichste Ort der wunderschönen Bucht mit der Insel Ilha Grande, segeln. Kurz nach Sonnenaufgang segeln wir am „Zuckerhut“ - Pão Açucar- einem der Wahrzeichen von Rio de Janeiro, vorbei. Leider schwimmt ebenfalls viel Abfall umher. Diese Stadt nicht nur ab zu häkeln als „gesehen“ sondern einige Tage zu verweilen und ein zu tauchen können wir aus ganz verschiedenen Gründen nicht und lassen sie deshalb (leider) ganz weg. Wir ändern unser Ziel „Angra dos Reis“ und ankern auf Ilha Grande.


Ein wunderschönes Gebiet mit unzähligen grünen Inseln, atlantischem Regenwald, einer reichen Wasser- und Vogelwelt. So habe ich mir als Kind immer die Robinsoninsel vorgestellt. Hier scheinen sich jedoch vor Jahrhunderten französische Piraten versteckt zu haben um die portugiesischen Schiffe, welche von Paraty nach Portugal fuhren zu entern. Wir fahren entlang der wunderschönen Buchten und verlegen das Boot am nächsten Tag. Kaum vor Anker frischt der Wind stark auf und heftige Windböen jagen von den Bergen über die Bucht. Wir gehen Anker auf und verlegen etwas weiter von den Felsen entfernt. Gegen Mitternacht ist der Spuk vorüber und es gibt kaum mehr Wind, dafür Regen und Nebel. Am nächsten Morgen motorsegeln wir weiter nach Paraty, dem südlichsten Ort dieser einladenden Bucht.


Die Winde um diese Jahreszeit sind an der Küste generell schwach, so dass wir oft ein Motorsegelboot sind. Der Wind kann jedoch aus dem Nichts für kurze Zeit stark zunehmen. In acht nehmen muss man sich vor den winterlichen Kaltfronten.

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