Von Helen auf Mittwoch, 23. September 2020
Kategorie: Region

Golf von Alaska – Inside Passage USA

Von Cordova starten wir über den Golf von Alaska, rund 400 NM Wir rechnen mit 3-4 Tagen. Kaum Wind ist angesagt für die nächsten Tage und trotzdem wollen wir weiter. In nächster Zeit (10 Tage) zieht ein Tief nach dem anderen mit viel Ostwind und hohem Wellengang heran. So ziehen wir es vor, wie auch die SY Aloha und SY Korvessa diese Strecke mehrheitlich mit Motorunterstützung zu «segeln». Der Alaskastrom beschert uns zu dem mit Gegenströmung von 0,5 bis 2,5 kn. Um in den Golf einzutreten müssen wir vorerst die Insel Hinchinbrook umrunden, was einem «Umweg» von ca. 50 NM entspricht. Möglichst genaue Gezeitenberechnung ist gefragt. Unterwegs erhalten wir Besuch von Schweinswalen, welche uns begleiten.



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Die Überfahrt ist trist; Nebel, Regen, verhangene Berge, kaum Wind, zuerst unangenehme Wellen. Nach 71 Stunden 59 Minuten (gemäss Logbucheintrag) machen wir in Elfin Cove bei Regen fest. Am Steg liegen zwei kleinere Fischerboote. Diese werden oft von einer Familie oder zwei Personen betrieben. Hund und/oder Katze sind mit dabei. Es ist ein reges Kommen und Gehen, dazwischen ein Schwatz mit den Nachbarn um Neuigkeiten aus zu tauschen. Flugtaxis landen und starten. Elfin Cove ist eine Miniinsel nach Cape Spencer beim Eintritt in die berühmte Glacier Bay. Sie ist mit Schiff oder Flugzeug (kleine Sportflugzeuge) erreichbar. Der Ort ist äusserst niedlich, romatnisch, feenhaft. Ein hölzerner Fusssteg führt an den Häusern vorbei. Sprudelnde Bäche fliessen von den Bergen herunter, blühende Sommerflora und verwunschene Wege mit Gartenzwergen versehen führen fast rund ums Dorf. Vereinzelte neu aussenehnde «Lodges» für Sportfischer sind dieses Jahr wenig besetzt. Eine Fähre kommt 1x wöchentlich von Auke Bay (Juneau) und holt die Gäste ab, andere werden per Flugzeug gebracht und/oder abgeholt.



Wir erholen uns einen Tag in Elfin Cove von der Golf von Alaska Überfahrt. Bei fast 20 kn Wind, der sich nur einige Minuten später in ein zartes Häuchlein verwandelt, legen wir ab. Dafür kommt Regen, Regen und Nebel, so dass wir zeitweise unter Radar um die Inseln «kurven». Unsere Gezeitenrechnungen stimmen, wir kommen gut voran. Von der aussergewöhnlichen beeindruckenden Landschaft mit Fjorden, Bergen und unzähligen Gletschern sehen wir wenig. Die so berühmte Glacier Bay (man braucht eine Bewilligung um dort hinein zu fahren) lassen wir aus. Diese Entscheidung fällen wir in Cordova. Auf der Halbinsel Katmai und den Kenaifjords haben wir das Glück einige wunderschöne Gletscher zu besuchen. Bei etwas besserer Sicht beobachten wir einige Buckel- und Schweinswale. Eine «Entschädigung» für das triste Wetter.




Neka Bay (Port Frederick), so steht es im Segelführer, ist ein guter Ankerplatz wo man mit dem Dingi ein Riff besuchen, Wale und Bären beobachten kann. Bei der aktuellen Wetterlage entscheiden wir uns jedoch die 16 NM (hin und zurück) zu «sparen» und in Hoonah (Port Frederick) an zu legen. Hoonah ist die grösste Tlingitsiedlung im Südosten Alsakas. Die Einwohner zeigen deutliche Spuren dieser Ureinwohner. Verschiedene Totems sind im Dorf zu sehen. Die meisten sind farbenprächtig mit unterschiedlichen Motiven, einige Natur belassen und an einem Ort entsteht ein neues Totem. Eine Dorfbewohnerin macht uns auf ein Adlernest mit Jungen aufmerksam. Ansonsten ist das Dorf ausgestorben. Den Hafenmeister finden wir nicht, die Schule ist geschlossen, keine Kreuzfahrtschiffe sind weit und breit zu sehen. Diese warten oft hier um auf gutes Wetter für einen Besuch in die Glacier Bay zu warten.




Der Hauptstadt Alaskas, Juneau, wollen wir einen Besuch abstatten. In Auke Bay fest zu machen scheint uns der ideale Ort. Unter der Brücke nach Juneau selbst kommen wir mit der Dada Tux mit einem Mast von gut 20 m Höhe nicht. Ausserordentlich viele Sportfischerboote kreuzen unseren Weg und wir stellen fest, dass an diesem Wochenende ein Sportfischwettkampf statt findet. Wieder lernen wir ein neues Hafensystem kennen. Die Stege sind U-förmig angelegt, nicht geordnet nach Grösse. Reservationen gibt es keine (ausser für Boote über 60 Fuss). Die ersten ergattern einen Platz und mehr als 10 Tage darf man nicht bleiben. So kommt es, dass sich kleine Fischersportboote hinter grossen Arbeitsschiffen «verstecken». Von weitem ist es nicht ersichtlich ob etwas frei ist. Doch wir haben Glück und finden einen Platz am Ende eines dieser U-Stege. Wir lernen Allen, Noémi und Nick kennen, alle aus Juneau stammend. Dies ist gar nicht so selbstverständlich verbringen doch viele US AmerikanerInnen die Sommermonaten in Alaska. Allen verbringt den Winter in der Antarktis, wo er Motor- z.T. auch Segelboote mit Gästen, oft für wissenschaftliche Fahrten, begleitet. Noémi wuchs auf einem Segelboot auf, hat nun einen Schulabschluss und möchte wieder aufs Wasser. Sie bieten uns Rat und Tat an (auch Auto, Ersatzteilwissen etc.). Zum Glück brauchen wir im Moment nichts. Die Abfallcontainer sind alle Bären sicher gesichert, da sich vorwiegend die Schwarzbären nachts im Hafen Nahrung suchen.




Anderntags besuchen wir die Hauptstadt Juneau mit dem Bus. Dieser ist gratis wegen Covid-19. Juneau wurde nach den Goldfunden von Joseph Juneau und Richard Harris bekannt. Die Stadt ist charmant, eine bunte Mischung von malerischen Gebäuden, viktorianischen Villen und gläsernen Neubauten. Die Mount Roberts Tramway, eine Gondelbahn führt auf den Hausberg, Mount Roberts, von wo das steil aufragende Bergmassiv des Mount Juneau zu erreichen ist. Leider ist dieser Tag ebenfalls verregnet und verhangen und wir verzichten auf diesen bei guter Sicht sehr attraktiven Ausflug.
Erwähnenswert da Seltenheitswert in diesem Sommer: heute ist ein sonniger Tag und so sehen wir Auke Bay bei der Weiterreise von seiner schönsten Seite. Durch einen Teil der Stephan Passage erreichen wir Taku Harbor. Taku ist eine Untergruppe der Tlingit Urbevölkerung. Um 1900 entstand hier die erste Lachskonservenfarbik. Sie brannte 2 x nieder und schloss ihre Tore wegen Überfischung im Jahre 1953. Wir kommen ins Gespräch mit einer jungen Fischerfamilie (2 Kinder 4 und 2 Jahre alt plus Hund). Sie schenken uns einen «marinierten» Königlachs, welcher wunderbar mundet und wie Butter auf der Zunge zerschmelzt.



Um 04.45 ist Tagwache. Die vorgesehene Ankerbucht im Tracy Arm an der Stephanspassage gelegen lassen wir aus. Haushohe Eisblöcke schwimmen aus dem Arm und «verzieren» die Gegend. Sandburn Canal (Port Houghton) erreichen wir am Nachmittag bei strömendem Regen und starkem Wind. Dafür dürfen wir beim Eintritt in Port Houghton einmaliges erleben. Von weitem sehen wir zahlreiche Blase. Mindestens 30 Buckelwale scheinen auf gemeinsamer Nahrungssuche zu sein. Knapp unter der Wasseroberfläche gleiten sie dahin, tauchen kurz auf, blasen, verschwinden….Welch ein Schauspiel. Das erste Mal hören wir den Gesang der Wale, unbeschreiblich. Ich kriege Gänsehaut. Eine US Segelyacht mit einer grossen ecuadorianischen Flagge an der Saling sowie ein Fischerboot teilen mit uns diesen sicheren Ankerplatz. Durch das nasskalte und neblige Wetter kommen die Landausflüge zu kurz. Es ist einfach nicht «anmächelig» und so backen wir Kuchen und lassen es uns kulinarisch gut gehen. Durch den Frederick Sound gelangen wir nach Petersburg. Dieser Ort wurde von norwegischen Einwanderern um die Jahre 1890 gegründet. Ein hübscher Ort der mit seinen Blumengärten und speziell gemalten Häusern viel von seinem skandinavischen Flair behalten hat. Hier treffen wir wieder auf die SY Luna Mare und SY Aloha. Bei einem gemeinsamen Nachtessen auf der Dada Tux spinnen wir etwas Seemannsgarn, tauschen jedoch ebenfalls Informationen aus für die Weiterreise.



Wrangell Narrows gilt es bei sehr unterschiedlichen Wetterverhältnissen zu bewältigen, eine Meerenge die bei Ebbe zwischen den Inseln Kupranof und Mitkof kaum tiefer als 7 Meter. Dazu kommt eine gewaltige Strömung die etwa in der Hälfte der Strecke gegenläufig ist. Für die Grossschifffahrt nicht passierbar fahren doch Schlepper mit gut beladenen Containerschleppflossen durch und geben über Funk jeweils ihre Position durch, damit man an den engsten Stellen Raum geben kann. Die Uferlandschaft, welche wir teilweise erhaschen, ist pittoresk mit schmucken Häusern, Fischerbooten und üppigem Sträuchern und Bäumen gespickt.



In Wrangell, der zweitältesten Siedlung Alaskas legen wir als nächstes an. Hier hatten lange die Russen das Sagen und es war ein wichtiger Pelzhandelsposten der Hudson`s Bay Company. Dadurch das Wrangell nicht von grossen Kreuzfahrtschiffen angelaufen werden kann, hat es seinen «Dorfcharkter» erhalten. Ein kurzer fast trockener Spaziergang durchs Dorf an Totempfählen und Gassen vorbei gibt uns einen kleinen Einblick von diesem Ort. Das Wetter ist uns nach wie vor nicht gut gesinnt; Regen und Starkwind sind fast täglich angesagt. So überspringen wir wiederum einen geplanten Ankerplatz und steuern durch die sehr hübsche, mit vielen kleinen Inseln unterbrochene Zaremba Strait Richtung Ernest Sound in das St. Anna Inlet (wo ein Bach vom Lake Helen in das Inlet fliesst). Eine Motoryacht mit Eignern aus Südkalifornien und ein Segelboot suchen ebenfalls Schutz für die kommenden zwei Tage. Wir lernen uns gegenseitig ein wenig kennen. Es ist immer wieder interessant einen Ausschnitt aus den sehr unterschiedlichen Lebensbiographien zu hören.


Der letzte südlichste Hafen in Alaska welchen wir anlaufen ist Ketchikan. Ein ehemaliges Tlingit Dorf welches an der Mündung des Ketchikan Creek gebaut wurde. Beim Goldrausch um 1900 entwickelte sich hier ein Vergnügungsviertel. Die historische Creek Street ist heute ein Anziehungspunkt für Besucher und wirklich ein hübscher Ort. Unweit davon im Tongass Historical Museum ist die Geschichte dieser Gegend anschaulich dargestellt. Wir besuchen die Lachsleiter im Kechtikan Creek. Diese wurde bei einer starken Stromschnelle aufgebaut, damit die Lachse den Bach hinauf können zum laichen. Im Totem Heritage Center lernen wir viel über die Totems. Aus roten Zedern geschnitzt sind sie Zeugnis von Geschichten und Familienchroniken. Die Totems finden sich nur in Südostalaska, an der Küste Britsch Kolumbiens und im State Washington.


Unsere Alaska Zeit neigt sich dem Ende zu. Sie ist geprägt von vielfältigen Eindrücken, grandiosen Landschaften, einer ebenso eindrücklichen Tierwelt, sehr netten und hilfsbereiten Menschen. Wettermässig haben wir weniger Glück. Laut den Niederschlagsmessungen die seit 1920 existieren ist 2020 der regenreichste Sommer. Auf Grund von Covid-19 treffen wir auf keine Kreuzfahrtschiffe, kaum Besucher, viele geschlossene Geschäfte, ausgestorbene Promenaden. Für uns angenehm, für viele andere?

Wir bereiten uns auf die Weiterreise durch die Inside Passage Kanadas vor. Diese dürfen wir nur im Tansit passieren. Unser nächstes Ziel ist Bellingham, Washington, wo wir vorerst für Oktober und November einen Liegeplatz haben.

Die Nerven aufreibende Geschichte des Formulars I-94

Das Formular I-94 ist Dokument, elektronisch (seit 2019) oder in Papierform, welches bei der Einreise in die USA vom Zollbeamten ausgefüllt und in die Datenbank eingegeben wird. Bei unserer Einreise am 10. März 2020 in Honolulu wissen wir nichts davon, weil wir keines in Papierform erhalten und ein Visum für 6 Monate erscheint uns mehr als genug. Also hinterfragen wir nichts. Nun können wir jedoch nicht in Kanada einreisen und so beantragen wir via Internet eine Visums Verlängerung. Da erfahren wir ohne das Formular I-94, resp. deren Nummer geht gar nichts. In Juneau der Hauptstadt Alaskas gehen wir auf den Flughafen und wollen bei der CBP (Customs and Border Protection) um Auskunft und Hilfe bitten. Kreuz und quer werden wir durch den Flughafen gesandt. Da ist niemand, weil es in den nächsten Tagen keine internationalen Flüge gibt. Eine andere Telefonnummer als die vom Flughafen finden wir nicht. Endlich erfahren wir, dass es ein Büro in der Stadt gibt und erhalten nach langem Nachfragen eine Telefonnummer. Also rufen wir dort an mit der Auskunft, dass sie nicht zuständig seien und dass dafür die USCIS (United States Citizenship and Immigration Services) in Anchorage zuständig sei. Also erfolgt der nächste Telefonanruf mit einer Wartezeit von 40 Minuten bis ich mit einer Person sprechen kann. Auch sie sind nicht zuständig und geben mir eine andere Nummer für ganz USA wo ich auf englisch, spanisch und japanisch? gebeten werde, jeweils verschiedene Nummern zu drücken wo ich dann jeweils wieder auf die www. Seite verwiesen werde. Ich rufe nochmals in Juneau an und erkläre, dass ich nicht weiterkomme. So dürfen wir in ihrem CBP Büro vorbei schauen. Alle unsere Dokumente werden kopiert angeschaut, hinter verschlossenen Türen wird telefoniert und getuschelt. Wir erklären nochmals unsere Situation. Nun ja, das könne nur am Einreiseort in die USA, in Honolulu gemacht werden und sie geben uns Telefonnummern von Honolulu. Bei meinem Versuch meine Bitte dort vorzutragen wird einfach aufgelegt. Also nochmals Anruf in Juneau. Da scheint man Erbarmen mit uns zu haben und die Chefin verspricht mit dem Chef von Honolulu zu sprechen. Auf Grund des Stempels kann man die jeweilige Person ausfindig machen, welche bei der Einreise anwesend war. Einen Tag später erhalten wir eine Email von diesem Beamten welcher behauptet er hätte uns das Formular ausgehändigt, an den Pass geheftet und wir hätten es einfach verloren. Also gehen diverse Emails hin und her bis er uns sagt wir sollen ihn am Tag x unter einer Nummer anrufen. Dies bestätigen wir gerne und dann, oh Wunder, am Tag darauf erhalten wir plötzlich unsere I-94 Nummern per Email. Eine für mich belastende Episode nimmt sein Ende und wir können die Verlängerung für 455$ pro Person beantragen.

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