Etwas über 650 NM und 16 mal ankern, so lange dauert unsere Reise gemäss Planung von Ketchikan (Alaska) durch das kanadische Gebiet (British Colombia) bis Bellingham (Washington), wo wir die Dada Tux überwintern. Aus den 16 geplanten Tagen werden es 23 bis nach Bellingham. Einerseits wegen Schlechtwetter anderseits ob der unerwarteten nicht so angenehmen Überraschung welche uns beim Eintreten in den Staat Washington erwartet.
Die Strömungen zu berechnen, den idealen Zeitpunkt für die Tagesetappe zu finden ist eine Herausforderung. Nicht nur dass bei längeren Abschnitten die Tide kehrt, aus jedem Seitenarm fliessen für mich nicht immer logische Gegenströmungen. Meistens heisst das für uns sobald es ein wenig «hellet» Anker auf und weiter.
Eine weitere nicht zu unterschätzende Hürde sind die vielen Baumstämme und das Kelp, das oft wie geflochten riesige Teppiche (hübsch aussehend) bildet und kleinere Holzstücke und sonst noch allerlei in seinem Netz gefangen hält.
Die Stämme liegen ganz knapp über der Wasserlinie und sind bei Wellengang und diffusen Lichtverhältnissen ebenso wenig zu sehen wie unter Radar. (Ausnahmen sind Stämme mit Wurzelstöcken und/oder Ästen). So machen auch wir Bekanntschaft damit. Es rumpelt ganz anständig. Zum Glück ergibt eine erste Kontrolle keinen Schaden. Am Ankerplatz lassen wir zusätzlich das Dingi ins Wasser und begutachten die Ruder und den Rumpf. Es scheint kein Schaden entstanden zu sein.
In Ketchikan wir legen so früh es geht bei dichtem Nebel unter Radar ab. Die Sicht wird einige Stunden später besser. Die Uferlandschaft links und rechts mit ihren schmucken teilweise auf Pfählen aufgestellten Häuser erfreuen uns. Sogar einige Sonnenstrahlen finden den Weg zu uns. Abends ankern wir ein letztes Mal in Alaska, ganz nahe der kanadischen Grenze, im Lincoln Channal. Bis heute streiten sich USA und Kanada ob der definitiven Grenze. Der Ankerplatz ist sicher, nicht besonders idyllisch, bringt uns jedoch am nächsten Morgen vorbei an der Metlakatla Bay durch die pittoreske enge und stark strömende Venn Passage nach Prince Rupert.
Kanada`s Grenzen sind zu. Es gibt jedoch die Möglichkeit eine Bewilligung zur Durchfahrt zu bekommen. Diese Information erhalten wir telefonisch von der CBP und der USCIS in Alaksa ebenso wie von den kanadischen Behörden. Diese Möglichkeit streben wir an und legen am, gegen das Land abgesperrten, Ligtheringsteg in Prince Rupert an. Zuerst telefonieren wir mit den nationalen kanadischen Zollbehörden welche wiederum mit den lokalen Behörden Kontakt aufnehmen und jemanden zur Dada Tux senden. Nach dem wir einen Fragekatalog zuerst am Telefon dann nochmals bei den zwei auf den Steg kommenden BeamtInnen beantworten erhalten wir eine Transitnummer. (Nicht alle Boote haben so viel Glück. Wir kennen mittlerweile einige, deutsche und US amerikanische Boote, welchen die Durchreise verboten wurde.) Wir reisen also nicht wirklich ein, erhalten keinen Passstempel nur Richtlinien die wir zu befolgen haben. D.h. keine Ausflüge an Land, bei Notfällen (Gesundheit, Nahrungsmittel, Dieselmangel, Schiffshavarie) muss man telefonieren und darf anlegen. In der aktuellen Situation sind wir jedoch zufrieden die Inside Passage im Transitverfahren befahren zu dürfen.
Die erste Nacht in Kandada verbringen wir mit einem Motorboot und einem Fischerboot im Lawson Harbor/Kelp Passage. Täglich geht es weiter durch den Grenville Channel bis dieser sich mit dem Douglas Channel und dem Whale Channel kreuzt und wir einen nächsten geschützten friedlichen Ankerplatz hinter einer kleinen Insel finden. Den Princess Royal Channel passieren wir als nächstes. Beidseits dicht bewaldet, mit vielen Wasserfällen gespickt setzen wir unsere Reise fort. Oft liegt dichter Morgennebel. Es wird langsam Herbst und die Tage werden kürzer. Dort wo Laubbäume zu finden sind erscheinen die ersten wunderschönen Herbstfarben. Hat sich der Nebel/Dunst aufgelöst ist Wetter schön. Vorbei rauschen wir (manchmal) an 1001 Inselchen und Felsen in verschiedensten Formationen, oft spriessen aus den Felsen ein paar (vorwitzige) Tannen. Fitz Hugh Sound folgt als nächster bevor wir eine kurze Strecke gegen den offen Pazifik queren. Gerade dort erwischt uns ein Tief mit Starkwind. Unsere ausgewählte Ankerbucht bietet jedoch hinter den verwinkelten Inseln wunderbaren Schutz und wir liegen ruhiger als in mancher Marina.
Die Seymour Narrows, so steht es in den Segelführern, ist eine zwei Seemeilen lange enge Stelle, welche bis zu 16 kn Flutstrom und bis zu 14 kn Ebbstrom führen kann. Der ganze Schiffverkehr führt hindurch. Oft sind Schlepper unterwegs, ein gängiges Transportmittel in Kanada und USA. Alles in allem heisst das für uns gut berechnen und sehr achtsam sein und hoffen, dass die Sicht einigermassen gut ist. Wir gelangen rascher als berechnet zu den Seymour Narrows. So nehmen wir diese heikle Passage gegen Abend in Angriff. Es brodelt ganz schön und mit einem Maximum von 8 kn Strömung plus unsere Schiffsgeschwindigkeit unter Motor bewältigen wir die Passage. Kurz darauf schlüpfen wir an unseren ruhigen Ankerplatz. Das schöne Spätsommerwetter ändert sich und löst eine Periode von kurzen Regenschauern, bedecktem Himmel, Nebel und ab und zu einem Stück blauen Himmels ab. Wir sind in der Zivilisation angekommen. Kleine und grössere Häfen und Dörfer reihen sich aneinander. Vermehrt sind Fischzuchten zu sehen. Grosszügige Ferienhäuser mit privatem Bootssteg ragen an wunderschönen Plätzen hervor. Auch Handy-Netz (und damit Internet) ist fast überall vorhanden, was für uns angenehm ist. In der Cortes Bay haben der YC Seattle und der YC Vancouver eine Zweigstelle. Wir ankern an diesem lauschigen Plätzchen und verbringen eine Nacht.
Bedauerlich ist, dass wir nicht an Land dürfen. Kein Füsse vertreten, keine Entdeckungen und Erfahrungen mit Land und Leuten. Einige Nationalpärke gehören den Ureinwohnern, z.B. den Nachfahren der Haida, eines der wichtigsten Stämme.
Laut Wetterbericht zieht in zwei Tagen ein starkes Tiefdruckgebiet vorbei mit Böen bis 50 kn und dies in der Strait of Georgia, draussen im Pazifik sind es mit Sicherheit einige Knoten mehr. Die Bargain Bay, westlich von Edgecombe Island erscheint uns eine gute Lösung um abzuwettern. 4 Tage bleiben wir in der geschützten Ecke bei Wind und Regen. Es gibt jedoch auch sonnige Abschnitte die wir sehr geniessen. Nun hat sich das Wetter so weit beruhigt, dass wir die letzten drei Etappen bis Bellingham in Angriff nehmen können. Plumper Bay, der letzte kanadische Ankerplatz. Wir melden uns beim kanadischen Zoll telefonisch ab und betreten nun Washington State. Auf der Sucia Island in der Shallow Bay zu den wunderschönen San Juan Islands gehörend, ankern wir ein letztes Mal (und ein erstes in Washington) bevor wir die letzte Strecke bis zum Squalicum Harbor in Bellingham segeln.
So auf alle Fälle unser Plan. Dann kommt plötzlich alles anders. Die CBP Washington sieht die ganze Transitreise komplett anders. Wir werden sehr ungehalten angehalten uns unverzüglich zum nächsten «Port of Entry» zu begeben. Für uns ist dies Friday Harbor auf der San Juan Island. Ankern in Kanada mit einer Transitnummer ist gleichbedeutend wie in Kanada eingereist zu sein, obwohl wir in Alaska weder ausklariert noch in Kanada einklariert haben. Dort werden wir von einem Beamten wie Schwerverbrecher in Empfang genommen. An Stelle einer Begrüssung gibt es eine Bussandrohung von 5000$. Wir dürfen nichts erklären und unsere Sichtweise dar legen. Nach knapp 3 Stunden auf der Wache erhalten wir eine Verwarnung, jedoch keine Busse und ein neues Visum gültig für weitere 6 Monate. D.h. unser ganzer Umtrieb mit einem Verlängerungsantrag wird nichtig. So ziehen wir unseren Verlängerungsantrag zurück.
Bedingt durch die Covid 19 Pandemie (wie alle anderen) können wir unsere Reise nicht wie geplant durchführen. Wir sind jedoch sehr dankbar nirgends auf grössere Hindernisse zu stossen seit wir Ecuador Ende Januar 2020 verlassen. Was uns nächste Segelsaison erwartet ist offen.