Von Helen auf Montag, 02. Juli 2018
Kategorie: Region

Recife – Salvador – Manaus – Tariri Amazon Lodge – Salvador - Ilhéus

Recife - Salvador

3 ½ Tage brauchen wir für die 424 sm von Recife nach Salvador. Der Wind ist uns, wenn auch eher am Wind segeln, günstig gesinnt, bis kurz vor Salvador. Dort frischt er stark auf, es regnet, die Sicht ist schlecht (fast wie oft im englischen Kanal). Was uns erstaunt und wir in keinem von uns konsultierten Führer gefunden haben ist, dass wir während eines Grossteils der Strecke teilweise starke Strömung (gut 2 kn) gegen uns haben. Wir lesen, dass Pier Salvador, eine etwas nördlich des Zentrums gelegene Marina, ruhig und preiswert ist und Busse regelmässig ins Zentrum fahren. Es gilt vor der Einfahrt eine nur ein Meter tiefe Sandbank zu beachten. Wir legen mit viel Seitenwind an, touchieren ein kleineres Segelboot und verbiegen eine seiner Relingstangen. Das scheint jedoch überhaupt nichts zu machen trotz unserer Nachfrage wie wir den Schaden regeln können. Ein Mitarbeiter wird es reparieren und damit ist die Sache erledigt. Knapp hinter uns kommt ganz per Zufall ein weiteres Schweizersegelboot (September) an und so liegen wir dicht neben einander. Die Leute heissen uns willkommen, der Ort ist ruhig und idyllisch gelegen, das Internet schnell, das Wasser gut, die sanitären Einrichtungen und der Zustand der Stege jedoch etwas dürftig.


Da „Romlea“, eine holländische Segelyacht, welche ebenfalls nach Patagonien möchte, in der stadtnahen Marina liegt, beschliessen wir zu verlegen. Es ist „schwelliger“, jedoch alles ist viel zentraler gelegen. Die Dada Tux liegt vis à vis vom Elevador Lacerda. Das erlaubt uns von der Cidade Baixa in die Cidade Alta innerhalb sehr kurzer Distanz zu gehen.


Salvador wird Capital da Alegria genannt und ist die Hauptstadt des Staates Bahia. Es herrscht eine afro-brasilianische Atmosphäre, von Interesse sind ebenfalls die kulturhistorischen Bauten (koloniale Architektur, Malereien und Goldschmiedekunst); vor allem im Pelourinho der historischen Altstadt anzutreffen. Wir entdecken und geniessen die Stadt in all seinen Facetten tagsüber zu Fuss und/oder mit dem Bus, abends in der Altstadt oder „zu Hause“.

Manaus – Tariri Amazon Lodge

Für 8 Tage fliegen, wir mit einem Zwischenstopp in Brasilia, nach Manaus und in den Regenwald ins Amazonasgebiet in die Tariri Amazon Lodge am Rio Negro.

Brasilia, wo wir Zwischenlanden, ist die Hauptstadt Brasiliens. Sie ist zentral in diesem riesigen Land gelegen. Die ganze Stadt entstand auf dem Reissbrett innerhalb 1000 Tagen und wurde von den Architekten Oscar Niemeyer und Lucio Costa entworfen (eingeweiht 1960).


Manaus, die Stadt im grössten Staat von Brasilien, Amazonas (40x grösser als die Schweiz) empfängt uns schwülwarm gegen Ende der Regenzeit. Wir logieren für 2 Nächte im Hotel Farol da Barra (Dank an Kama), ein einfaches jedoch sauberes, günstiges und zentral gelegenes Hotel. Dann geht es für fünf Tage in die Tariri Amazon Lodge. Zurück für weitere 2 Nächte in Manaus, bevor wir den Rückflug nach Salvador unter die „Flügel“ nehmen. Die Reise hat sich in jeder Beziehung gelohnt. Nur um eine Idee auch von der Grösse des Landes zu haben. Die Distanz Salvador – Manaus ist grösser als Zürich – Nordkap (gemäss Information von Hans, dem hier ein Dank für seine immer interessanten Hinweise gebührt).


Manaus, farbig, lebendig, mit geschichtlich viel interessantem. Erwähnenswert ist das berühmte Teatro Amazonas, welches seine Blütezeit während dem Kautschukboom erlebte, ein gesamteuropäischer Luxustempel. Zwischenzeitlich verfallen wurde es 1989 wieder belebt und gilt heute als ein Mekka der Musikliebhaber. Der Film „Fitzcarraldo“ von Werner Herzog ist in diesem Zusammenhang erwähnens- und sehenswert wurde er doch durch das Teatro Amazonas mit inspiriert. Der Mercado Municipal Adolpho Lisbao steht unter Denkmalschutz und wurde dem Pariser Les Halles nach gebaut. Gustave Eiffel stellte das Eisengerüst her. Beeindruckend, nicht nur in Manaus, sind die unzähligen kleinen Strassenstände, das üppige Angebot an bekannten und unbekannten Früchten, Gemüsen, Säften...Das Leben findet im Freien statt, mit Musik, Bier, Caipirina, Fischgerichten und vielem mehr.

Der schwimmende Pier (1902 errichtet um den Pegelstand zwischen Trocken- und Regenzeit von 15 m ausgleichen zu können) zieht uns ebenso an, wie die Stelle, wo das dunkle, warme Wasser des Rio Negro und das kühle Wasser des Rio Solimôes zusammentreffen, mehrere Kilometer weit neben einander her fliessen, bis sie sich schliesslich vermischen und den offiziellen Namen Amazonas erhalten. Die beiden Flüsse weisen verschiedene Dichten, Säuregehalte, Geschwindigkeiten und Temperaturen auf. Noch heute ist der Amazonas der wichtigste Verkehrsweg dieses Staates und der angrenzenden Ländern.


Wir besuchen den Wald der Wissenschaft, „Bosque da Ciência“, etwas ausserhalb der Stadt. Der Park gehört zum Amazonasforschungsinstitut. Dort haben wir die Möglichkeit Tier-, Pflanzen- und Baumarten zu sehen, welche teilweise vom Aussterben bedroht sind. So stauen wir z.B. über die im Süsswasser lebende Seekuh - Peixe Boi, verschiedenen Schildkrötenarten, Krokodile.

Wir verbringen 5 Tage im Dschungelhotel Tariri Amazon Lodge. Ein Taxifahrer holt uns vom Hotel ab, wir fahren gut 70 km mit dem Auto und weiter geht es in einer circa halbstündigen Bootsfahrt zu unserer gebuchten Lodge. Nebst zwei Franzosen sind wir die einzigen Gäste.


Es ist Ende Regenzeit und die Hochsaison beginnt ein ein bis zwei Wochen. Für Nixon, unseren peruanischen Begleiter in dieser Zeit, ist unsere zufällig gewählte Zeit die beste um im Regenwald zu verbringen. Es ist alles überflutet und mit dem Boot erreichbar, die Tiere sind da, es beginnt zu blühen und zu riechen. Natürlich ist das „Programm“, welches uns geboten wird überall ähnlich, Flussfahrten durch verschlungenen Pfade, spiegelglattes Wasser, worin sich die Bäume im wahrten Sinne des Wortes spiegeln. Für mich sehr eindrücklich ist der Rundgang zu Fuss im Regenwald. Wie viel Wissen von den Heilkräften der Bäume und Pflanzen, welche Pflanzen essbar, wo und wie Wasser gefunden wird, wie man sich mit den selben Blättern ein Dach, ein Bett, ein Geschirr herstellt. Die indigenstämmigen Namen habe ich leider sehr schnell vergessen.



Maniok ist die tägliche Nahrung der ansässigen Bevölkerung und wir besuchen eine Maniokplantage und haben das Glück, dass wir bei der gesamten Verarbeitung zusehen können. Jede Familie hat ihre eigene Produktion, das dazu gehörende Material bis hin zum Ofen, wo das gepresste, gereinigte, gesiebte Maniok etwa 2 Stunden geröstet und immer wieder gedreht wird. Von klein auf helfen alle Familienmitglieder mit und erlernen so das Handwerk.


Fischen an lauschigen Plätzen gehört zum Programm, ebenso der Besuch eines Dorfes mit seiner traditionellen Handwerkskunst. In einem anderen „Dorf“ wird eine Anaconda vorgeführt und auf einem Flussboot betreibt eine Familie das Geschäft mit den rosa Flussdelfinen.



Ein Ausflug mit einem kleinen Ruderboot nur Hansueli und ich hat sehr wohl seinen Reiz. Für mich ist es, wie man so schön sagt, eine win/win Situation. Ich geniesse die geruhsamen, interessanten Tage, teils in der Hängematte, die Affen, Papageien, Tucane, eine Art Haus-Wildschweine, unzählige Vogelarten, Käfer, Schmetterlinge und Krokodil(augen) beobachtend, teils der Stille lauschend, den extrem lecker und liebevoll zubereiteten Mahlzeiten zugetan und nicht zuletzt der Herzlichkeit der Mitarbeitenden.


Zurück in Salvador versuchen wir unser Glück mit einem weiteren Museumsbesuch, dem Museo de Arte Moderna (MAM), laut Führer ein Highlight für Freunde moderner Kunst. Auch hier stehen wir, wie schon in Recife und Olinda, vor verschlossenen Türen. So steigen wir nochmals in den Elevador Lacerde und fahren in die Cidade Alta. Hier herrscht grosse Feststimmung – das Fest des heiligen Johannes wird gefeiert und so dürfen wir ein bisschen teilhaben an diesen Festlichkeiten.

Salvador – Ilhéus

Ilhéus, 120 sm südlich von Salvador, an der Costa do Cacau gelegen, ist unsere nächste Destination. Es sind eher schwache Winde an einem am Wind Kurs angesagt. Wir montieren unseren Code 0 und legen gegen Mittag ab um andern tags in Ilhéus vor Anker zu gehen. Die Ausfahrt aus der Baia de Todos os Santos ist unberechenbar, stark wechselnde, teilweise recht böige Winde halten uns (vor allem mich) auf Trab. Nach einiger Zeit an Land benötige ich nach wie vor eine gewisse Angewöhnungszeit bis ich mir die Krängung, die Böen, die Geschwindigkeit einverleibt habe. Wir setzen ein Reff und die Genua, denn generell sind die Winde stärker als angesagt, was uns freut, rechnen wir doch schon mit viel Motorsegeln. Sogar etwas Strömung haben mit uns und einen sonnigen Blick auf das verschwindende Salvador. Später wechseln wir auf den Code 0.


Kurz nach 22.00 hören wir (ich schon in der Koje) ein deutliches „Splasch“ und der ganze Code 0 (82 m² liegen im Wasser). Das Fall hat sich innert wenigen Stunden durch gescheuert, warum wissen wir (noch) nicht. Also heisst es das ganze Segel möglichst sorgfältig aus dem Wasser zu ziehen, ein Ersatzfall zu setzen, den Code 0 wieder hinaufziehen, alles entwirren, ihn wieder in die richtige Stellung zu bringen. Leider ist das Ersatzfall nicht ideal und an hart am Wind biegt sich der Code 0 zu stark durch. Das Fall wieder einzufädeln, der Ursache des Durchscheuerns auf den Grund zu gehen setzen wir auf unsere To-Do Liste. Da der Wind wieder etwas auffrischt, rollen wir in (fast) trocken ein und setzen die Genua. Nach ziemlich genau 24 Stunden lassen wir den Anker in der Bucht fallen. Die Dada Tux ist das einzige „fremde“ Boot. Wir sind umringt von einheimischen Fischerbooten.


Um an Land zu gelangen, pumpen wir unser Dinghi auf und setzen das Beiboot ins Wasser. Bei dem starken Schwell, welcher aktuell in die Bucht kommt und unser grosses und das kleine Boot mächtig schaukeln lassen eine Herausforderung, wie auch das Einsteigen selbst. Das Dinghi können wir an einem Floss beim Yachtclub festmachen. Um von dort an Land zu kommen gibt es eine Kurbelrampe, welche ein freundlicher Marineiro für uns herunter lässt. Es sind schon fast akrobatische Künste (für mich) erforderlich um vom Ankerplatz an Land zu kommen. Sicher hilft Übung etwas. Zum Glück bläst der Wind bald aus einer anderer Richtung und wir sind die starken Schwankungen los.

Einklarieren und ausklarieren bei der Capitania dos Portos geht in einem und schnell. Nicht nur in der Capitania erleben wir die Leute als extrem hilfsbereit und freundlich.


Ilhéus war 1890 das Zentrum des nur kurzzeitig andauernden Kakaobooms. Ernteausfälle, Pilze, Nachfragerückgang machten der ursprünglich aus dem Amazonasgebiet stammenden Kakaopflanze zu schaffen. Jedoch noch heute gehört diese Gegend zu den wichtigsten Kakaogebieten Brasiliens. Wir besuchen die etwa 12 km entfernte Fazenda Yrerê und erleben anschaulich die Ernte, Verarbeitung und Trocknung der Kakaobohnen, versuchen die hauseigenen biologischen Produkte und trinken Kakaosaft.


Bei einem Stadtbummel darf eine Besichtigung der Bar Vesùvio, das Bataclan - das verruchte Cabaret der 20 Jahre und der Mercado do Artesanto nicht fehlen. Jorge Amado, ein Romancier und Schriftsteller ebenfalls aus Ilhéus, machte diesen Ort vor allem durch die schöne Mulattin Garbriela u.a. in seinem Buch „Garbiela wie Zimt und Nelken‟ bekannt. Wir verbringen angenehme Tage und planen unsere Weiterreise.

Kommentare hinterlassen