Während unserer Landreise gibt es einen Tsunamialarm in Seward Harbour. Die Menschen begeben sich in Sicherheit in höhere Regionen. Auch an die unbewohnte Dada Tux wird geklopft. Zum Glück ist nichts passiert und es kommen weder Menschen noch Schiffe zu schaden. Wir sind froh finden wir unser Segelboot vertäut wie vor der Reise.
Unser nächstes Ziel ist der Prince William Sound, zum Golf von Alaska gehörend. Dicht bewaldet mit tiefen Fjordeinschnitten, unzähligen kleinen geschützten malerischen Buchten, von starker Strömung geprägten Engstellen und von unzähligen Gletschern oft bis ans Meer ragend, präsentiert er sich. Wunderschöne Ankerplätze oft mit Wandermöglichkeiten finden wir in unserem Segelführer. Das Land angrenzend an einige Buchten gehört Ureinwohner und darf nur mit einer Bewilligung betreten werden. Uns ist es ein Rätsel wo man sich dann jeweils eine Bewilligung einholen kann. Nie sehen wir ein menschliches Wesen. Die teilweise engen Passagen müssen gut mit den Gezeiten koordiniert werden. Vorbei am Pugetgletscher und -Bay und dem Port Banbridge treten wir in den Sound. Eine pittoreske Fahrt liegt hinter uns und wir steuern die Fox Farm Cove, unseren ersten Ankerplatz an. Die Strömung ist uns günstig gesinnt und so lassen wir uns durch die Prinz of Wale Passage einige Seemeilen weiter ziehen, entscheiden uns für die Iktua Cove. Das erste Mal sehen wir die Lachse springen. Sie drehen ihre Pirouetten, Schrauben, «Bäuchler» teilweise in Gruppen, springen einmal, zweimal, dreimal, schwimmen wieder ein Stück Fluss aufwärts. Nicht weit entfernt auf dem AIS sichtbar ankert die SY Korvessa. Seit Honolulu begegnen wir uns immer wieder. Über Funk tauschen wir Informationen aus und wünschen «fair winds»
Am frühen Morgen entdecken wir am Ufer eine Schwarzbärin mit ihrem Jungen. Die Freude ist gross. Persönlich finde ich die Schwarzbären «eleganter» als die Braunbären. Kurze Zeit darauf tauchen abermals eine Mutter und ihr Junges auf. Hansueli meint es könnten die selben gewesen sein. Ich finde das zweite Jungtier kleiner als das erste. Später vertritt sich noch ein «Junggeselle» die Beine. Mit dem Fernglas sind sie sehr gut zu sehen. Die Icy Bay zieht uns an in der einige Gletscherzungen bis in Meer ragen, so der Tiger Tail, der grosse Chenega Gletscher, wo wir hin wollen um dann im Tiger Bite die Nacht zu verbringen. Die Eisschollen den Fjord hinunter werden dichter und dichter, manchmal mit Seehunden «garniert». Es ist kein wirklich kompaktes Eis, das nicht durchbrochen hätte werden können. Trotzdem entscheiden wir uns um zu kehren. Es wird auch merklich kühler ob all des Eises. Da ist uns ein wärmerer Ankerplatz lieber. Die Mallard Bay, ein mit hohen Felsen und viel grün umgebener tiefer und ruhiger Einschnitt erscheint uns gerade richtig. Bei sommerlichen Alaskatemperaturen sitzen wir im Cockpit bis die Sonne hinter dem Berg verschwindet.
Grau und verhangen beginnt der nächste Morgen mit Tagwache um 05:30. Die Fernsicht ist bis gegen Mittag schlecht dann klart es auf. Sogar einige Meilen können wir «nur» unter Segeln zurück legen. Bis anhin sind wir vorwiegend, wenn überhaupt, ein Motorsegler. Einige des uns von Kodiak bekannten Fischerboottyps sind unterwegs ohne zu fischen. Bis zu sechst sind sie miteinander verbunden oder warten den Ufern entlang. Da ist wohl die Lachsjagd noch nicht frei gegeben worden. Durch die Perry Passage, vorbei an skurrilen Inselformen und von Gletschern bedeckten Fjorden nähern wir uns dem Columbia Gletscher. In 10 km breiter Front wälzt sich die Eiszunge aus dem Bergmassiv des Mount Einstein ins Meer. 80 Meter hoch ist seine Stirnseite wo immer wieder riesige Eistücke abbrechen. Unter riesigem Getöse fallen sie ins Wasser und können schon mal einen Minizunami auslösen. Der Columbia Gletscher, benannt nach der New Yorker Universität, ist jedoch leider der Gletscher welcher sich in den letzten Jahrzehnten am meisten zurückgezogen hat. Riesige Eisblöcke (auch kleinere) triften ruhig an uns vorbei bis wir nach einer Fahrt von etwa 12 sm hinter einer Kurve versteckt seinen majestätischen Anblick geniessen.
Glacier Island hätte unser nächster Ankerplatz sein sollen. Es geht jedoch weiter bis zur sicheren Emerald Cove, wo wir mit zwei aneinander gebundenen Fischerboote ankern. Bei «nach em Räge schiint Zsunne» Wetter überqueren wir die nicht allzu befahrene Valdezschifffahrtsstrasse. In der Nähe fuhr der Tanker Exxon Valdez am 24. März 1989 auf Grund und löste eine der grössten Ölkatastrophen aus.
Schweinswale kreuzen kurz unseren Weg. Für die nächsten Tage ist Starkwind aus Osten angesagt und wir suchen Schutz in der Comfort Cove wo auch reiches Tierleben versprochen wird. Die Weisskopfseeadler sind in der Tat in unseren Augen deutlich grösser als die bisher gesehenen, Seeotter und Seehunde tauchen auf und verschwinden. Am Ufer «begrüssen» uns zwei Schwarzbären, jeweils einzeln. Wir bleiben zwei Tage an Bord, es regnet fast ohne Unterlass und die Nähe der Bären lässt uns einen Landgang verschieben.
Nach einer Woche Prince William Sound legen wir im Fischerhafen Codova an. Der Ort ist nur per Schiff oder Flugzeug erreichbar. Die Fischfabriken sind zahlreich. Sie sind die heutige «Wirtschaft». Zu Gold- und Kupferminenzeiten kurz nach 1900 wurde eine Eisenbahnlinie von Kennicott bis Cordova gebaut (nicht mehr in Betrieb) Wir liegen neben dem Fischerboot «Tradition» Klein kommen wir uns neben ihr vor. Die Mannschaft ist gerade dabei ihr Schiff vom Lachsfang für den Heilbuttfang und andere mehrheitlich sich am Meeresboden befindliche Fische umzurüsten. Die Kapitäne haben oft skandinavische und/oder deutsche Vorfahren.
Das Cordova History Museum, klein aber fein, verkürzt uns die Wartezeit. Es zeigt einmal mehr die Vielfalt der verschiedenen ethnischen Gruppen in Alaska. Eyak, Haida, Tlingit sind Stämme aus dieser Region. Sie unterscheiden sich z.B. in Rangordnung und Sprache. Besonders faszinieren mich die aus Darmhäuten genähten hauchdünnen wasserdichten Kleider. Damit bei den Nähten kein Wasser eintritt wurde in einer speziellen Nähart jeweils ein getrocknetes Stück Gras mitgenäht.
Das Wetter präsentiert sich sehr veränderlich, kaum sind 2-3 Tage günstig für uns braust schon das nächste Tief heran. Um den «Rest» des Golfes von Alaska zu überqueren benötigen wir 3-4 Tage. SY Korvessa und SY Aloha sind ebenfalls in Startposition.