Den regnerischen Tag in Prince George benutzte ich um in der öffentlichen Bibliothek den letzten Blog online zu stellen. Einen Saunabesuch konnte ich mir bei diesem Wetter nicht gönnen. Den ganzen September ist das Hallenbad wegen Revisionsarbeiten geschlossen. Beim Anstehen an der billigsten Tankstelle fragte mich ein Mitarbeiter, ob ich eine Visa Karte habe. Ja, ich habe eine Visa-Karte. Ob ich eine Visa-Karte von ihrer Firma habe. Erst da erinnerte ich mich, dass ich vor einem Jahr dort auch nicht tanken konnte, weil ich die falsche Kreditkarte habe.
Vor einem Jahr fuhr ich auf dem John Hart Hwy (BC97) von Dawson Creek aus nach Prince George, in der Gegenrichtung. Bei den kleinen Bjoux Falls machte ich einen Fotostopp. Der Name klingt schöner als es ist. In Chetwynd findet jeden Sommer das Kettensägen-Holzschnitz-Festival statt. Ich konnte kaum glauben, dass die neueren Arbeiten mit einer Kettensäge geschnitzt wurden. Einige sind sehr fein gearbeitet. Das Holz ist mit Klarlack und Farbe geschützt. Auf dem Parkplatz neben der Hauptstrasse, umringt von mystischen Figuren, übernachtete ich. Nachts fahren kaum Autos oder LKWs.
Bis Dawson Creek war es nicht mehr weit. Das Wetter hielt sich recht gut. In einem Waschsalon kann man duschen. Es war teuer, 1 CA$ pro Minute. Ich wusch auch meine Wäsche. Neben einem Sportplatz parkte ich den Van über Nacht.
Vor der Weiterfahrt musste ich einen Fotohalt beim Null-Punkt der Alaska Hwy machen. Die Alaska Hwy beginnt in Dawson Creek und endet in Delta Junction in Alaska. Die Strecke von Delta Junction bis Fairbanks ist offiziell nicht mehr Teil der Alaska Hwy.
Ab Dawson Creek wollte ich auf mir unbekannten Strecken bis Edmonton fahren. Kurz nach der Provinzgrenze zu Alberta wurde die Fahrt auf dem Spirit River Hwy eintönig. Lange gerade Strecken, zu beiden Seiten abgemähte Getreidefelder, dazwischen kleine Wälder und Rinderweiden. Ab und zu steht eine Ölpumpe auf einem Feld. 45 Kilometer misst die längste Gerade, die ich gefahren bin. Hinter der ersten Kurve nach dieser langen Strecke übernachtete ich am Smoky River.
Statt im Rauch stand ich am nächsten Morgen bei 2°C im dichten Nebel. Während des Frühstücks begann er sich zu lichten. Je weiter ich mich vom Fluss entfernte, desto sonniger wurde es. Bis zum Lesser Slave Lake blieb die Landschaft wie am Vortag, nur die geraden Strassenabschnitte wurden leicht kürzer. Eine Abwechslung war der Hwy 33, der Grizzly Trail. Er führt überwiegend durch Wald bis auf 1260m hinauf. Kurz vor Swan Hills geht es wieder bergab. Die Nacht verbrachte ich am Athabasca River neben einem brachliegenden Feld mit vielen kleinen gelben Blumen.
Kurz nach der Weiterfahrt Richtung Edmonton bereute ich es. Es begann stark zu regnen. Neben dem Blumenfeld war es noch trocken. Umkehren wollte ich dann doch nicht. In Barrhead sah ich am Ortsrand eine Dump Station mit Abfallkübeln. Mein Abfalleimer war voll und ich musste auch noch die Toilette leeren. Vor mir standen 2 andere WoMo’s. Bis ich entleeren konnte gab es eine Regenpause. Kurz vor Edmonton musste ich mich erst wieder an den vielen Verkehr auf den mehrspurigen Strassen mit dem starken Regen gewöhnen. Auf einem Supermarktparkplatz am Stadtrand parkte ich für die erste Nacht in Edmonton. Eine gute Planung hatte ich nicht gemacht. Einige Sehenswürdigkeiten gehen ab Anfang September in die Winterpause. Für mich kein grosses Problem. Die Art Gallery hat am Montag und Dienstag geschlossen und ich reiste am Sonntagabend an. Das ist für mich eher ein Problem. Neben der Landschaft schaue ich mir auch gerne Kunst an.
Der North Saskatchewan River teilt Edmonton in den nördlichen Teil mit der City und den südlichen Teil mit der Universität. Der Fluss schlängelt sich in einem grünen Einschnitt durch die Stadt. Die App iOverlander zeigt keine freien Übernachtungsplätze in der Nähe der City an. Ein Parkplatz am Queen Elizabeth Park ist eine Möglichkeit. Ich fuhr dorthin und kaufte auf dem Weg in einem Bioladen ein. Der Parkplatz liegt direkt neben der Zufahrtsstrasse zu einer Brücke. Auch in der Nacht wird es dort wohl einigen Verkehr geben. Zu Fuss erkundete ich die Gegend. Auf dem Parkplatz des Hallenbades und des Sportzentrums unten am Fluss darf man über Nacht nicht parken. Weiter am Fluss entlang, nach der alten zweistöckigen Stahlbrücke und der neueren Metrobrücke fand ich im Wald einen Parkplatz mit einem kleinen Picknickplatz. Ein Schild mit einer Parkplatzbeschränkung sah ich nicht. Unter der nahen Metro-Brücke gibt es einen Fussgängersteg, der in die Stadt führt. Der Weg in die Stadt ist ungefähr 3 km lang. Ein guter Platz für mich zu übernachten. In einer Stadt oder in einem Naturschutzgebiet kann es passieren, dass man in der Nacht geweckt und weggeschickt wird. Weil es irgendwie doch nicht erlaubt ist. Bisher ist mir das noch nie passiert. Ich habe nur davon gelesen.
Es war kein Problem, dort zu übernachten. Am Morgen fuhr ich ins Hallenbad, duschte lange und ging in die Sauna. Ich stellte den Van auf einen Parkplatz nahe der Brücke. In der City sah ich kaum ältere Häuser, ausser dem Parlamentsgebäude und dem Hotel Macdonald, das älter ist als die Fastfood Kette. In der City ist voll mit Hochhäuser und andere Zweckbauten.
Um einen anderen Eindruck von der Stadt zu bekommen, fuhr ich tags darauf zu einem Parkplatz bei einer anderen Brücke. Von dort war es nicht weit bis zur Art Gallery of Alberta. Die Galerie wurde vor 100 Jahren im Hotel Macdonald gegründet. Das vom amerikanischen Architekten Randall Stout entworfene Gebäude wurde 2010 eröffnet. Es werden vor allem Bilder und Skulpturen von kanadischen Künstlerinnen ausgestellt. Nach der Kunst spazierte ich zurück auf die andere Flussseite zum Muttart Conservatory. Das ist ein botanischer Garten in vier Glaspyramiden. Eine Pyramide ist der tropischen Region gewidmet. Eine andere der trockenen, die dritte der gemässigten Zone der Welt. In der vierten Pyramide waren verschiedene Frösche ausgestellt. Vom suppentellergrossen Frosch bis zu 3 cm kleinen, farbenprächtigen Fröschen. Ich wusste nicht, dass es ein Swiss Chees Plant gibt. Die Pflanze aus dem tropischen Amerika heisst auf Deutsch Monstera Monkey Leaf. Aus Schweizer Käse wird ein Affe. Ich fuhr zum Übernachten zum Picknickplatz zurück. Zum Abendessen lief ich den Hang hinauf zu einer Pizzeria, die sich als Bio-Restaurant entpuppte.
Bevor ich Edmonton verliess, wollte ich noch einmal ins Hallenbad und in die Sauna. Einkaufen für die nächsten Tage und Trinkwasser auffüllen wollte ich auch noch. Wieder einmal den Van waschen fand ich eine gute Idee. Auf Google Maps sah ich eine Selbstwaschanlage, die mir anhand der Fotos genügend hoch für den Van schien. Google zeigte nicht an, dass sich die Anlage im Umbau befand. Ich suchte einen anderen Ort, der einen grösseren Umweg bedeutete. So auf die Schnelle schaute ich die Fotos nicht an. Mit 2.8m Höhe ist die Anlage mindestens 40cm zu niedrig. Ich wollte Edmonton Richtung Osten verlassen und fand in dieser Richtung eine Waschanlage, die für Lastwagen geeignet ist. Erst füllte ich Trinkwasser und leerte den Grauwassertank an einer Dump Station. Nach dem Einkaufen fuhr ich durch Industriegebiet und Raffinerien zur Waschanlage. Mein weiterer Weg führte durch abgemähte Getreidefelder und Weiden nach Camrose. Die Security vom Casino erlaubte mir, auf ihrem Parkplatz zu übernachten. Wie bei jedem Casino, bei dem ich bisher übernachtete, muss man seinen Namen, Telefonnummer und Autokennzeichen aufschreiben.
Es waren ca. 90km bis zur Westseite des Buffalo Lakes. An grössere Weiher und kleine Seen fuhr ich vorbei. Dort sah ich viele Gänse, die vermutlich vom schon kalten Norden in den wärmeren Süden ziehen. Die erste Nacht verbrachte ich auf dem Campground the Narrows Provincial Recreation Park Alberta. Nach iOverlander sollte hier ein freier Platz sein. Die Koordinaten auf iOverlander sind nicht korrekt und die Beschreibung für mich nicht nachvollziehbar. Es ist ein gebührenpflichtiger Platz mit einfachen Toiletten und Abfallcontainer. Die Feuerstellen benutze ich nicht, ich bin kein Lagerfeuerromantiker. Am darauffolgendem Morgen fand ich den freien Platz ausserhalb vom Campground. Trotz des wechselhaften Wetters mit stärkerem, kühlem Wind blieb ich drei Tage dort. Die Zeit nutzte ich für dringende Arbeiten wie das Abtauen des Kühlschranks. Die Sachen aus dem Kühlschrank konnte ich gut im Freien unter dem Van regengeschützt zwischenlagern. Es war nicht viel wärmer als in meinem Kühlschrank.
Drumheller, die Stadt der Dinosaurier, war mein nächster Halt. 1884 wurden Dinosaurier-Fossilien beim Graben in einer Kohlengrube im Red Deer River Valley entdeckt. Hier dreht sich alles um Dinosaurier. Neben dem Besucherzentrum steht ein 25 Meter hoher Dinosaurier. Das offene Maul ist eine Aussichtsplattform. Sie stehen in der ganzen Stadt herum, in verschiedenen Formen. Man kann auf einem freien Parkplatz in der Stadt übernachten. Mir behagte es dort nicht, ich fuhr zu einem nahen Supermarkt. Vom dortigen Parkplatz aus sieht man in die Umgebung.
Die Gegend um Drumheller ist von einer geographisch interessanten Landschaft geprägt, den Badlands. Das Red Deer River Valley bildet einen schönen Kontrast zu den weiten Getreidefeldern mit den endlos erscheinenden schnurgeraden Strassen. Einige Hoodoos bestaunte ich neben der Strasse. In der Nähe war die grösste Kohlemine von Westkanada. Bis zur grössten Stadt in Alberta, Calgary, fuhr ich mehrheitlich auf kleineren Strassen. Auch da dominierten die Getreidefelder, unterbrochen durch Erdölpumpen und Windturbinen. Die Millionenstadt Calgary machte mir schon vorgängig keinen WoMo freundlichen Eindruck. Die teuren Campingplätze sind rar. Die Benutzung von Dump-Stationen und das Tanken von Trinkwasser ist nur an 2 Orten kostenpflichtig möglich. Es gibt wenige Orte, wo man frei stehen kann. Ich steuerte einen Platz neben den Gleisen des CTrain Calgary an. Manchmal fuhr ein langer Güterzug mit dröhnenden Dieselloks wenige Meter hinter dem Van vorbei. In fünf Minuten war ich an der Bahnstation.
Am ersten Tag besuchte ich die Esker Foundation. Eine Galerie im obersten Stock eines neuen Bürogebäudes. Die ausgestellten Werke beeindruckten mich nicht sonderlich. Zurück spazierte ich in die City und schaute mir das StudioBell an. Ein Museum für kanadische Populärmusik, home of the National Music, auf 5 Stockwerken. Eine Sonderausstellung widmet sich den Auftritten der Beatles in Kanada zwischen 1964 und 1966, eine andere der kanadischen Country Music. Das StudioBell ist vor allem den kanadischen Singer-Songwritern gewidmet. Jedes Jahr werden an einer Grossveranstaltung in Toronto Songwriters geehrt und in in die Hall of Frame aufgenommen. Alle werden im StudioBell vorgestellt. Zum Beispiel Joni Mitchell, Céline Dion, Neil Young, Leonard Cohen oder k.d. lang. Auch die Wirkung der Musik auf uns Menschen wird thematisiert.
In der Nähe befindet sich die grosszügige Calgary Central Library. Das Gebäude wurde von den Architekturbüros Snøhetta und DIALOG gemeinsam entworfen und vor sechs Jahren eröffnet.
Den Besuch des Contemporary Calgary am anderen Ende der City verschob ich auf den nächsten Tag. Die Galerie für zeitgenössische Kunst befindet sich im ehemaligen Centennial Planetarium. Das Gebäude wurde 1967 zur 100-Jahr-Feier von Kanada im Brutalismusstil gebaut. Gegründet wurde die Galerie 2013 von drei Künstlergruppen. Eröffnet wurde sie 5 Jahre später nach umfangreichen Renovierungsarbeiten. Die Werke von Paola Pivi beeindruckten mich nicht sonderlich, noch weniger die Bilder und Videos von Marcel Dzama. Die Galerie beschreibt Marcel Dzama als einen der wichtigsten zeitgenössischen Künstler Kanadas. Nur der Titel eines Bildes, nicht das Bild selber, fand ich gut. ‹L'origine de nous tous, I DIDN'T COME FROM YOUR RIB... YOU COME FROM MY VAGINA› (Der Ursprung von uns allen, ich entstamme nicht aus deiner Rippe... du kommst aus meiner Vagina).
Am Bow River entlang spazierte ich zur Peace Bridge. Die Fussgänger- und Velobrücke wurde von dem spanischen Architekten Santiago Calatrava entworfen. Durch die umliegenden Hochhäusern ein wenig fremd am Platz wirkt Avatamska Monastery, ein buddhistischer Tempel. Im Prince's Island Park, einer Insel im Bow River, schaute ich grossen schwarzen Eichhörnchen beim Futtersuchen zu. Nach ein paar Schritten durch das Chinatown stieg ich zum Plus 15 hinauf. Das ist das längste überdachte Fussgänger-Netzwerk der Welt mit 86 Brücken. Geschützt vor jedem Wetter kann man sich auf einer Länge von 16 Kilometern in 5 Metern Höhe durch die Innenstadt bewegen. Ich lief nur ein kleines Stück.
Auf der Weiterfahrt in Richtung Süden machte ich zum Duschen Halt bei einem Hallenbad in einem kleineren Ort. In Lethbridge gibt es neben dem Visitor Centre eine freie Dump Station, bei der es auch Trinkwasser gibt. 4 Tage darf man auf dem Casino Parkplatz übernachten, nach dem Anmelden bei der Security. Der Parkplatz, auf dem man stehen darf, gleicht mit den WoMo’s einem Camping. Es gibt keine Infrastruktur. In der Nacht ist es dort ruhig und friedlich.
Nahe der Grenze zu den USA liegt das UNESCO Weltkulturerbe Writing-on-Stone / Áísínai’pi Provincial Park am Milk River. Auf dem 2,5 km langen Pfad kommt man an einigen Petrographen (Felszeichnungen) vorbei. Man weiss nicht, wie alt die eingeritzten Zeichnungen auf dem Sandstein sind. Die Sonne schien so stark, dass ich die Figuren nur schwer erkennen konnte. Der Weg führt durch eine Landschaft mit Hoodoos. Sie ist um einiges grösser und vielseitiger als die, welche ich in Drumheller sah.