Aus Angst vor einem japanischen Angriff auf Alaska im 2. Weltkrieg baute die US-Armee mit grossem Aufwand den ursprünglichen Alaska Highway durch Kanada. Die heutige Asphaltstrasse ist 100 km kürzer. Sie ist immer wieder von langen, langweiligen Geraden unterbrochen. Aber die Landschaft ist wunderschön. Der Alaska Highway hat immer noch den Ruf, etwas ganz Besonderes zu sein.
Im Fort Nelson Visitor Center traf ich Herbert. Der Österreicher ist mit seinem VW-Bus auf dem Weg nach Alaska. Ich versuchte ihm die Dempster Hwy von Dawston City bis Tuktoyaktuk am Nordmeer schmackhaft zu machen. Ich hatte den Eindruck, dass ihm die 1900 km Schotterstrasse hin und zurück zu weit waren. Am nächsten Tag traf ich beim Autowaschen ein junges Paar aus Schwyz. Sie nutzen einen neunmonatigen Sabbatical, um mit ihrem kleinen Van durch Nordamerika zu reisen. Beim Einkaufen begegnete ich einem österreichischen Paar. Wir fahren in die entgegengesetzte Richtung. Mit ihrem Van waren sie schon mehrmals in Nordamerika unterwegs.
Der Alaska Hwy ist die einzige Verbindung zwischen Fort Nelson und Watson Lake. Für mich ist das die schönste und abwechslungsreichste Strecke. Bei bewölktem, rauchfreiem Himmel fuhr ich auf dem Alaska Hwy 70 km westwärts bis zur Muskwa Recreation Area. Unterwegs entdeckte ich am Strassenrand einen Schwarzbären mit 2 Jungen. Ich hielt an und beobachtete, wie sie langsam im Wald verschwanden. Die Muskwa Recreation Area ist 4 km vom Alaska Hwy entfernt und wird auch als Bootsanlegestelle genutzt. Am Abend fing es an zu regnen. Die untergehende Sonne färbte die Wolken am Horizont rot.
Am Morgen hing zudem dicker Rauch in der Luft. Die Wolkendecke hing so tief, dass ich bald durch sehr dichten Nebel fuhr. Die Sichtweite betrug stellenweise kaum 50 Meter. Bei guter Sicht eine faszinierende Strecke. Vor dem höchsten Punkt des Alaska Hwy, dem Summit Pass (1295m), liegt die Tetsa River Lodge. Sie soll die besten Cinnamon Buns (Zimtschnecke) haben. Süss ist es, ob es wirklich die besten sind, weiss ich nicht. Dazu fehlt mir der Vergleich. Danach führt die Strasse hinauf zum Pass. In einem Reiseführer las ich, dass auf dem Alaska Hwy mehr Wohnmobile als Lastwagen unterwegs sind. Ich hatte den Eindruck, dass 2/3 aller Fahrzeuge WoMo’s oder Caravans sind. Am Toad River, ‹428 Camping Loop› übernachtete ich abseits des Alaska Hwy. Abends gab es ein Gewitter mit recht nahen Blitzen. Nach 1 ½ Stunden hörte es auf zu regnen.
Mit ein paar Wolken am blauen Himmel ging es am nächsten Morgen weiter. Der Alaska Hwy führt an den Rocky Mountains und am Toad River vorbei. Später am langgezogenen Muncho Lake entlang. In einer Kurve stand eine Ziege auf der Strasse. Später sah ich noch mehr Ziegen neben der Strasse. Kurz vor Liard River Hot Springs parke ich den Van an einem Waldrand. Einige verfallene Häuser und Campingwagen standen herum. Schrott und Fässer lagen im Wald. Später kamen noch 2 andere Van’s, um hier zu übernachten.
Es war nur eine kurze Fahrt bis zu den Hot Springs. Der Tageseintritt ist mit 5 CA$ (3.20 Fr.) billig. Ein langer Holzsteg durch sumpfiges Gelände führt zu den heissen Quellen. Der Weg weiter zu den hängenden Gärten ist wegen zu vieler Bären gesperrt. Das knapp 1 m tiefe Becken mit Kiesboden ist mit sehr warmem Wasser gefüllt. Einmal im Wasser war es angenehm zu entspannen. Auf der Weiterfahrt nach Watson Lake stand eine Bisonherde auf und neben der Strasse. Zwei Bison trugen ein dickes, nummeriertes Halsband. Kurz vor Watson Lake sah ich im Rückspiegel den Iveco von Joachim und Kristin. Im Gegensatz zu mir wollten sie noch nicht nach Watson Lake hineinfahren. Wir machten für den nächsten Tag ab. Beim Sign Post Forest traf ich ein junges Paar aus Solothurn. Sie haben ein Jahr Auszeit und verbringen es mit ihrem Pick-up Camper in Nordamerika. Neben den Visitor Centre darf man im WoMo frei übernachten. Der Alaska Hwy und der Sign Post Forest sind touristische Anziehungspunkte. Ich denke, keine Reisenden fahren hier einfach so vorbei. Ich bin zum dritten Mal hier. Ein belgisches Paar parkt seinen Van neben mir. Am nächsten Tag ärgere ich mich, dass ich nicht am selben Ort übernachtet habe wie Kristin und Joachim. Sie zeigten mir Fotos von Nordlichtern, die sie um 2 Uhr morgens bewunderten.
Als mittags die Sonne auf die Windschutzscheibe schien, sah ich, dass sie einen kleinen Sprung hat. An einer Baustelle auf dem Alaska Hwy kreuzte mich ein schnell fahrender Pick-up und ich hörte einen Stein, sah aber nichts. Inzwischen weiss ich, dass so ein Schaden repariert werden kann, damit der Sprung nicht grösser wird. In Watson Lake fand ich keine Reparaturmöglichkeit. 440km nördlich in Whitehorse war die nächste Autoglaserei. Ich wollte über Ross River nach Dawson City fahren und Whitehorse auslassen. Ich brauchte mich nicht zu beeilen. Am Wochenende repariert niemand eine Windschutzscheibe. Zum Discovery Day gab es am Samstag eine Parade. Obwohl der Feiertag erst am Montag, dem 19. August ist. An der Spitze ein Pick-up der Royal Canadian Mounted Police (RCMP), auf dem Anhänger 2 Polizisten in der traditionellen roten Uniform. Gefolgt von einem Pick-up mit Senioren auf dem Anhänger, die die Wildnis schützen. Ein Huhn- und Bärkostüm, dahinter ein Golfcar und ein Jeep mit Anhänger der Queer Comunity Yokon. Zum Schluss die Feuerwehr mit einem Oldtimer und 2 aktuellen Fahrzeugen.
Am Nachmittag fuhr ich weiter nach Whitehorse. Vor Sonntagabend wollte ich nicht ankommen. Trotz sehr ungenauer Trinkwasseranzeige dachte ich, dass der Vorrat noch für die nächsten 2 Tage reichen würde. Die Nacht verbrachte ich auf einer grossen Waldlichtung. Dort stand schon ein grosser 5th Weel Camper und später kam noch ein Van dazu.
Unterwegs besuchte ich das George Johnson Museum in Teslin. George Johnson (1884 - 1972) lebte hier und fotografierte das Leben rund um Teslin. Während ich mir das Museum ansah, wurde der Sprung in der Windschutzscheibe immer grösser. Im Whitehorse Visitor Centre kann man Trinkwasser auffüllen. Mein Schlauch war 1,5 m zu kurz. Also verschob ich das Auffüllen auf morgen. Etwas frustriert bestellte ich eine Pizza und musste über eine Stunde warten, bis sie fertig war. Mitten in der Stadt am Yukon River gibt es 5 reservierte Parkplätze für WoMos. Vor mir fuhren ein Schweizer und ein deutscher WoMo auf den Parkplatz. Die beiden sind seit einigen Wochen zusammen unterwegs. Abends reichte mein Wasservorrat nur noch zum Zähneputzen. Dieser Sonntag war definitiv kein Highlight-Tag.
Für mich früh am Morgen, ohne Frühstück - hatte kein Wasser mehr für Tee im Tank, fuhr ich zum Auto Glas. Wie vermutet, wegen Feiertag geschlossen. An einer Tankstelle kann man Wasser tanken und den Abwassertank leeren. Kostenlos wenn man tankt, sonst 10 CA$. Zum Frühstück fuhr ich zum WoMo-Stellplatz zurück. Vieles ist am Discovery Day geschlossen. Der Tag wird nicht mehr überall gefeiert. Er erinnert an die Entdeckung Nordamerikas durch Christoph Kolumbus. Die Sonne schien und meine Reifenrochande war bald wieder fällig. Der WoMo-Platz war mir für den Reifenwechsel zu eng. Ich fuhr auf einen Parkplatz am Stadtrand und wechselte dort die Reifen. Danach wollte ich ins Hallenbad zum Duschen, aber das war wegen des Feiertags geschlossen. Auf einem Campingplatz durfte ich als Gast duschen. Am Abend stellten Marcello und Tamara aus Italien ihren Van auf den Platz. Sie sind auf dem Weg nach Alaska. Lange Schotterpisten wollen sie ihrem älteren Fiat nicht mehr zumuten.
Am nächsten Morgen ist es grau und es regnet stark. Die Auto Glas Firma war offen und eine halbe Stunde später war die Scheibe so repariert, dass der Riss nicht mehr grösser werden sollte. Auf dem Parkplatz eines Supermarktes fragte mich eine Frau aus einem Aargauer WoMo in Schweizerdeutsch, ob ich aus der Schweiz käme. Wegen der .ch URL auf dem Van hätte sie es gedacht. Ich kaufte für ein paar Tage ein, ich wollte in die mir noch unbekannte Gegend um Ross River. Ausserdem kaufte ich einen längeren Wasserschlauch.
110km östlich von Whitehorse ist die Abzweigung vom Alaska Hwy zur South Canol Road. Diese 220km lange Strecke bis Ross River wird in The Milepost (‹Since 1949, the bible of North Country travel!›, so die Werbung) als minimal unterhaltene, schmale Schotterstrasse beschrieben. Das ist sie auch. Viel ‹Wellblech›, Schlaglöcher und einige grössere Steine auf der schmalen Fahrbahn. Die Nacht verbrachte ich am Nisutlin River. Gegen Abend hörte es auf zu regnen und die Abendsonne kam zeitweise durch die Wolkendecke.
Meine Idee war, in Ross River mit der kleinen Kabelfähre über den Pelly River und dann auf der North Canol Road bis zum Macmillian Pass zu fahren. Die 230 km lange Strasse wird wahrscheinlich in einem schlechteren Zustand sein als der südliche Teil. Vorsichtshalber habe ich Diesel und Wasser getankt. Die Canol Road wurde 1942 gebaut, um eine Pipeline von den Northwest Territories nach Whitehorse zu verlegen. Für die Pipeline wurde eine Hängebrücke über den Pelly River gebaut. Ein Jahr später wurde die Pipeline stillgelegt und abgebaut. Der japanische Angriff auf Alaska blieb aus und die Kosten für das geförderte Öl waren zu hoch. Seit 6 Jahren dient die Hängebrücke als Fussgängerbrücke.
Am Abend fuhren einige der 150 EinwohnerInnen von Ross River eine Runde zur Fähre, vermutlich um zu schauen, was für ein Tourist sich zu ihnen verirrte und da übernachtet. Ein Mann sprach mich an und wollte wissen, wo ich herkomme und wohin ich fahre.
Der Wetterbericht sagte Regen voraus. Am Morgen sah es nicht danach aus. Nach dem Frühstück zogen von Westen immer dunklere Wolken auf. Es sah ganz danach aus, als ob die Vorhersage mit etwas Verspätung recht behalten würde. Obwohl man am Macmillian Pass viele Bären sehen kann, verzichtete ich auf die Fahrt. Stattdessen fuhr ich 75 km auf dem Campbell Hwy zum nächsten Ort, Faro. Nach der Canol Road kam mir diese Schotterstrasse wie eine Autobahn vor.
Es regnete den ganzen Tag. In Faro gab es den grössten Blei-Zink-Tagebau. Sie wurde 1968 eröffnet und 1998 ging die letzte Betreiberfirma pleite. Nun beginnt auf Staatskosten die Beseitigung der Umweltsünden. Geschätzte 630 Millionen Franken werden dafür in den nächsten 15 Jahren benötigt. Danach soll keine Gefahr mehr für die Umwelt bestehen. Ich habe keine Stelle gefunden, von der aus man die Mine sehen kann. Das Gebiet ist für Privatpersonen gesperrt. Ausserhalb des Dorfes übernachtete ich bei einem Waldlehrpfad.
Kühl, aber wenigstens trocken war das Wetter am nächsten Morgen. Viele Schilder entlang des Waldlehrpfades sind verwittert und nicht mehr lesbar. Im Besucherzentrum des Ortes fragte mich die anwesende Frau, ob ich aus Deutschland käme. Sie kommt aus Bayern, hat hier einmal Urlaub gemacht und es hat ihnen so gut gefallen, dass die ganze Familie nach Faro ausgewandert ist.
Ab Faro ist der Campbell Hwy asphaltiert. Entlang des Little Salmon Lake fragte ich mich, wie dieser wohl zu seinem Namen kam. Mit 33 km Länge und 2 km Breite kommt mir der See nicht klein vor. Vielleicht fanden die ersten Europäer hier nur kleine Lachse und nannten den See deshalb so. Bei Carmarks bog ich auf den Klondike Hwy Richtung Dawson City ab. Vor 13 Monaten bin ich diese Strecke schon einmal gefahren. Auf die Five Fingers im Yukon River schaute ich nur vom Parkplatz hinunter. Vor einem Jahr lief ich bis zu den Felsen im Yukon. Auf dem freien Camping in Pelly Crossing blieb ich über Nacht.
Sehr lange schlief ich. Nach 9 Uhr wachte ich auf. Bevor ich weiterfuhr, füllte ich auf dem Campingplatz den Trinkwassertank auf. Dass der Klondike Hwy zwischen Pelly Crossing und Stewart Crossing so viele hässliche Schlaglöcher im Asphalt hat, hatte ich nicht in Erinnerung. Seit Tagen fuhr ich wieder einmal durch verbrannten Wald. Die Luft war klar und rauchfrei. Nachdem ich den Stewart River überquert hatte, bog ich rechts auf den Silver Trail nach Keno City ab. Bis Mayo ist die Strasse asphaltiert, danach eine gut bis sehr gut zu fahrende Schotterstrasse. Zwischendurch fing es an zu regnen. Ich hatte Glück, bei der Elsa Mine klarte es auf. Ich wollte zum Keno Signpost auf 1680m fahren und die Aussicht geniessen. Von Keno führt die Signposthill Road 10km den Berg hinauf. Eine gute Strasse zu erwarten wäre hier fehl am Platz. Die Aussicht und die Flora fand ich sehr schön. Die Nacht verbrachte ich auf dem örtlichen Keno Campground. Hinter dem Van rauschte der Lightning Creek (Blitzbach). Am Abend fing es an zu regnen und es wurde ziemlich kühl.
In der Nacht hörte der Regen auf. Die Wolkendecke war hoch genug, um die umliegenden Berge zu sehen. In einem kleinen Haus, eher eine Baracke, stellt die kleine Gemeinde (20 Einw.) den BewohnerInnen und Gästen Münzwaschmaschine, Trockner und Duschen zur Verfügung. Für einen CA$ (0.63 CHF) hatte ich genügend warmes Wasser zum Duschen und Haare waschen. Im Keno City Mining Museum sind alte Werkzeuge und Einrichtungen aus der Region ausgestellt. Auch einige Fotos von Sexarbeiterinnen von 1940 - 1960 hängen an einer Wand. In zwei angrenzenden Schuppen stehen alte Maschinen und Fahrzeuge. Auch ein Allrad-Motorrad mit sehr breiten Reifen.
Auf dem Rückweg wollte ich an der billigsten Tankstelle in Mayo tanken. Keine meiner Kreditkarten funktionierte. Nach ein paar Minuten Wartezeit kam eine Fehlermeldung. Die nächste Tankstelle ist in Stewart Crossing. Dort das gleiche Problem. Bekam mit ‹contactless› einmal Diesel für 100 CA$. Der Diesel hätte sicher bis Dawson City gereicht. Mit wenig Diesel im Tank funktioniert die Heizung nicht mehr zuverlässig. Bei Nachttemperaturen um die 6°C möchte ich auf die Heizung nicht verzichten. Am Ufer des kleinen Gravel Lake stellte ich den Van für die Nacht ab. Kaum stellte ich den Motor ab, parkten 2 Autos neben mir. Angeln und Picknick wurden ausgepackt. Kaum eine Viertelstunde später war alles wieder schnell eingepackt. Es begann in Strömen zu regnen. Später kam eine junge Familie mit 2 kleinen Kindern aus Colorado an den See. Sie übernachteten in ihrem kleinen Huckepack Pick-up. Es regnete fast die ganze Nacht. Am Morgen verdeckte eine tiefe Wolkendecke die Sicht auf die Berge. Gegen Mittag riss die Wolkendecke stellenweise auf. Blaue Flecken wechselten sich mit verschiedenen Grautönen am Himmel ab.
Von Gravel Lake nach Dawson City sind es knapp 100 km auf dem Klondike Hwy. Wie vor einem Jahr übernachte ich auf dem gleichen Campingplatz. Jetzt ärgerte ich mich, dass ich vor dem Bezahlen nicht in die Waschküche schaute. Auf fast allen Maschinen steht ‹Out of Order›. Vor einem Jahr liefen noch alle Maschinen. Hier entscheide ich, in welche Richtung ich weiterfahren werde.