Nach meiner Pause im Wald brauchte ich frische Lebensmittel und eine Dusche. In Hinton, dem nächstgrösseren Ort an der Yellowhead-Highway, duschte ich ausgiebig mit für mich sehr heissem Wasser. Der Reiseführer empfiehlt einen Spaziergang auf dem Beaver Boardwalk am Maxwell Lake im Süden der Stadt. Vor vielen Jahren hat ein grosses lokales Sägewerk der Gemeinde zu seinem Firmenjubiläum einen Steg durch ein sumpfiges Gebiet geschenkt. Anscheinend fehlt das Geld, um den Steg zu reparieren. Einige Stege sind gesperrt. Man kann sie nicht mehr betreten. An diesem warmen Nachmittag sah ich keine Biber (Beaver).
Nach dem Einkaufen fuhr ich ein paar Kilometer zurück, um auf die Bighorn-Highway ab zu zweigen. Ausserhalb von Grande Cache wollte ich auf einem Platz übernachten. Der Platz, der in iOverlander beschrieben war, war eine grosse Baustelle. Auf dem grossen Parkplatz in der Stadtmitte darf man übernachten. Grande Cache wurde 1966 gegründet, als man Steinkohle fand. Nur wenige Kilometer ausserhalb von Grande Cache geht eine Schotterstrasse zu den Sulphur Gates im Smoky River ab. Von Aussichtspunkten aus kann man in die Schlucht schauen. Die Bighorn-Highway führt durch den Wald. Manchmal sieht man Gas- und Öl-Anlagen und Kohleabbau. Im Norden wurde die Landschaft gelb. Es gibt grosse Rapsfelder, kurz vor der Blüte und andere, die schon blühen. Manchmal sieht man auch Getreidefelder, Weiden mit grossen Heuballen oder kleine Wälder.
In Grande Prairie durfte ich auf dem Parkplatz vom Casino übernachten. Man muss an der Rezeption fragen und sich in eine Liste eintragen. Andere übernachteten auch hier. Die Rotation der Reifen war überfällig. Ich wechsle die Räder regelmässig, damit alle gleichmässig abgefahren werden. Der Parkplatz ist asphaltiert und am Morgen war es noch nicht so heiss. Nach getaner Arbeit fuhr ich verschwitzt ins nächste Freizeitcenter zum Duschen. In einem Bio-Laden kaufte ich vermutlich für einige Zeit das letzte Mal frisches Bio-Gemüse.
In Peace River am gleichnamigen Fluss fand ich einen Platz bei einer Bootsrampe. In Kanada gibt es wohl wie in den USA keine Lärmvorschriften. Ein paar Speedboote mit Jet-Antrieb dröhnten auf dem Fluss. Nach Mitternacht war es ruhig.
In einem Reiseführer steht, dass die ersten paar Hundert Kilometer des Mackenzie Highway langweilig und gerade durch den Wald führen. Ich dachte, ein kleiner Umweg wäre vielleicht interessanter. Die Hälfte des Umwegs war eine breite Schotterstrasse. Ausser einem kleinen Stück führte die Strasse durch Wald, grossen Raps- und Getreidefelder, Weiden und es ging mehrheitlich, Kilometer weit, gerade aus. Anders als ich dachte. Alexander MacKenzie war ein Schotte, der im Nordwesten von Kanada mehrere Expeditionen unternahm. Er ist der Namensgeber der Strasse. Auch Berge und ein grosser Fluss sind nach ihm benannt.
Die Rauchwolken von nahen Waldbränden wurden immer dichter. Zeitweise erinnerte es mich an den dichten Nebel im schweizerischen Mittelland. Es war schwer, einen guten Platz zum Übernachten zu finden. Der Platz bei den Twin Lake ist schön, aber es gabt viele Insekten und Rauch. Ich fand einen Platz neben der Strasse mit weniger Rauch. Es ist wenig Verkehr und nachts fahren kaum Autos oder Lastwagen. Bis zum 60. Breitengrad, der Grenze zwischen Alberta und den Northwest Territories (NWT), war es nicht mehr weit. In Europa liegt Bergen in Norwegen auf dem 60. Breitengrad. Im kleinen Besucherzentrum holte ich mir ein paar Infos. Bis kurz vor der Grenze hatte ich auf dem Mackenzie Highway fast immer Handyempfang. Die Strasse wurde schmaler und welliger und die erlaubte Geschwindigkeit niedriger. Nur in grösseren Ortschaften hatte ich noch Handyempfang. Alberta ist eine reiche Provinz. Das Geld stammt aus den Geschäften mit Kohle, Erdöl und Erdgas. Die NWT ist sehr gross, hat wenig Einwohner und keine grossen Einnahmen durch die fossilen Energieträger.
Zwei Wasserfälle am Hay River liegen direkt neben der Mackenzie Hwy. Die höheren Alexandra Falls und 3km flussabwärts die Louise Falls. An der Kreuzung Mackenzie Hwy und Hay River Hwy liegt der Ort Enterprise. Bei den Waldbränden im letzten Jahr (2023) wurde der Ort fast vollständig zerstört. Inzwischen stehen wieder neue Häuser. Andere sind noch im Bau.
Der Hay River mündet bei der gleichnamigen Ortschaft in den Great Slave Lake (Grosser Sklavensee). Er ist der tiefste See Nordamerikas (616m) und so gross wie zwei Drittel der Schweiz. Das Wasser fliesst nordwärts über den Mackenzie River nahe bei Tuktoyaktuk in den Arktischen Ozean. Der Fluss ist 1903 Kilometer lang und hat fast kein Gefälle. Die Seeoberfläche liegt auf 153 Metern.
Ich übernachtete an einem Strand mit weichem, feinen Sand. Das scheint ein beliebter Platz zu sein. Bis kurz vor Mitternacht parkten immer wieder Autos. Manchmal stiegen Leute aus, andere blieben für eine Weile im Auto sitzen. Am Morgen gingen Leute mit ihren Hunden spazieren. Es gibt nicht viele Tankstellen und Lebensmittelgeschäfte in NWT. Vor der Weiterfahrt füllte ich den Tank und kaufte Lebensmittel für eine Woche. Ich wollte nach Fort Resolution, 180 km östlich am Great Slave Lake. Die Strecke führt durch den Wald. Man sieht grosse Flächen abgebrannten schwarzen Baumruinen und grünen intakten Wald.
Auf einer Halbinsel bei Fort Resolution gibt es einen 9-Loch-Übungsgolfplatz mit Hütten und einen Stellplatz für Wohnmobile ohne sichtbare Infrastruktur. Die anwesende Frau konnte mir den Preis nicht sagen. Sie müsste erst den Chef fragen. Abends um halb 10 kam sie. Der Platz kostet 35 CA$. Das war mir zu viel. Am nächsten Tag wollte ich nach Fort Smith. In Fort Resolution gab es für mich nichts mehr zu sehen. Ich fuhr weiter. Nach 25 km fand ich einen Platz und hatte noch genug Handyempfang, um die ARD-Kultursendung ttt zu schauen. Kurz vor Mitternacht nahm ich eine Bewegung vor dem Van war. Es war noch genügend hell um was zu sehen. Ein Fuchs setzte sich vor den Van, schaute ihn an, stand wieder auf und ging seinen Weg. Eine viertel Stunde später sah ich einen Schwarzbär, der Beeren pflückte. Er kam näher, schaute kurz und ging weiter.
Auf dem Weg nach Fort Smith fuhr ich durch das Gebiet der stillgelegten Pine Point Mine. Man sieht noch riesige Hügel von Aushubmaterial. Ich sah keine Gebäude und keinen Schrott. Alles wurde wohl abgebaut.
Kurz vor Fort Smith begebnete ich den ersten Bisons am Strassenrand. Zuerst sah ich einen Bullen, der sich im Sand drehte. Danach fielen mir der Strasse entlang mehrere sandige Stellen auf, mit Spuren von Bisons. Kurz darauf standen am Strassenrand zwei Herden mit jungen Bisons.
Die Ortschaften hier sind nicht besonders. Vorfabrizierte Tiny-Häuser sind Standard. Einige haben um ihr Haus einen eigenen Schrottplatz. Auf dem Queen Elisabeth Campsite in Fort Smith gab es noch genügend Platz. Hier kostete es 35 CA$, inklusive Strom, Wasser, Abwasser und sehr heisser Dusche. Ich sollte abends auf einen Bären aufpassen, habe aber keinen gesehen.
Fort Smith ist der Eingang zum Wood-Buffalo-Nationalpark. Der Park wurde vor hundert Jahren gegründet. Er ist UNESCO-Weltnaturerbe und der grösste Nationalpark Kanadas. Ausserdem ist der Park das grösste Lichtschutzgebiet der Welt. Ich fragte im Besucherzentrum, ob ich eine Bewilligung für die Fahrt zum Peace River brauche. Ich brauchte keine Bewilligung und kann überall im Van übernachten, ausser wo es ausdrücklich verboten ist. Die 120 km lange Schotterstrasse im Park zum Peace River ist gut zu fahren. Ich reduzierte den Reifendruck und stellte die Stossdämpfer weich, damit die Fahrt angenehmer ist. Bei einer sehr grossen Bison Herde (vermutlich um die 100 Tiere) musste ich anhalten, bis die Strasse wieder frei war.
Im letzten Jahr (2023) gab es grosse Brände im Park. Deswegen sind viele Wanderwege gesperrt. Am Peace River stehen vier kleine Häuser. Eines davon ist sehr verlottert. Am Abend wurde der Rauch dichter. Ich hörte ein Gewitter. Es regnete ein paar Mal, aber das Gewitter blieb in der Ferne.
Ich freute mich, aber leider zu früh. Am Morgen war der Rauch weniger stark. Ich sah ein paar Wolken am Himmel. Nach dem Frühstück verdichtete sich der Rauch und wurde stärker als am Vorabend.
Im Norden Kanadas und in Alaska kann man nicht so viele Rundreisen machen. Wenn man irgendwo hin will, muss man oft die gleiche Strecke wieder zurück fahren. Auf der Karte sah ich, dass ab der Hälfte der Strecke vom Peace River nach Fort Smith einen Strasse westwärts zur Hauptstrasse abzweigt. Vor dieser Abzweigung machte ich einen Halt am Pine Lake. Am See stehen ein paar Ferienhütten und ein Campingplatz. Der Campingplatz war leer. Wegen den verkohlten Bäumen und dem Rauch meiden vermutlich einige die Gegend. Bei der Abzweigung für den alternativen Weg wurde mir klar, 40km auf diesem Waldweg zu fahren machte mich nicht an. Später kam ich an eine Baustelle. Die gab es am Vortag noch nicht. Ein dickes Rohr wurde verlegt. Bei starkem Regen staut sich das Wasser vermutlich auf einer Seite. Ein breiter Graben quer über die Strasse war schon ausgehoben. Die ‹Umleitung› führte 1m steil die Strassenböschung hinunter und nach ein paar Meter wieder steil auf die Strasse. Beim Hinauffahren musste ich nochmals Anlauf holen. Mit 3 Räder hatte ich immer Kontakt mit der Erde. Für mich war es sehr Grenzgengig, es ging ohne Schaden gut. Auf der 120 km langen Strasse kreuzte ich nur drei Pick-ups der Parkverwaltung. Von Fort Smith aus fuhr ich erst 22 km nach Osten nach Fitzgerald. Im Nachhinein hätte ich mir diese Fahrt sparen können.
In Fort Smith sah ich am Rand vom Ort ein Parkplatz mit einer schönen Aussicht auf den Slave River. Im Fluss hat es einige Inseln und Stromschnellen. Mit dem Fernglas sah ich weisse Pinguine im Fluss. Nachts um 3 Uhr fanden einige junge Leute den Platz auch toll. Aus dem Auto tönte Musik und sie blieben 2 Stunden. Bis anhin hatte ich immer, auch freistehend, eine ruhige Nacht.
Nach Peace River sah ich keine Bisons mehr. Dass ich auf der Hinfahrt so viele sah, scheint nicht alltäglich zu sein. In Hay River blieb ich 2 Tage auf dem Camping. Ich musste mal wieder Wäsche waschen.