DadaTux Blog
Der Andine Nordwesten und der Nordosten Argentiniens
Um die „Wartezeit“ bis zur Weiterreise mit der Dada Tux „aus zu nützen“ beschliessen wir einige Tage im Landesinneren Argentiniens zu verbringen. „Acrux“ Stellar Destination, eine auf individuelle Reisen spezialisiertes Reisebüro in BA, stellt uns einen gut durchdachten und bestens organisierten Trip zusammen. Die Reise führt uns in die Provinzen Salta, Jujuy und Misiones. Salta und Jujuy werden vom südlichen Wendekreis durchzogen, grenzen an Bolivien und Chile. Die Mehrheit der Bevölkerung ist auch heute noch der indigenen Tradition verpflichtet.
Von BA fliegen wir nach Salta (der Abflug verzögert sich auf Grund eines weiteren Streiks der Argentinischen Fluggesellschaft um einen halben Tag). Wir beschliessen deshalb den „Memorial Park“, eine den Diktaturopfern gewidmete eindrückliche Anlage zu besuchen.
Knapp vor dem Eindunkeln kommen wir in Salta an, nehmen unser Mietauto in Empfang. Die geplante 68 km lange Strecke nach Cafayate, führt uns entlang des Ravine of Las Conchas, wo der Wind bizarre Formen in die Felsen „wehte“, mit Namen wie z.B. den Teufelsschlund, Obelisk, Frosch. Davon sehen wir leider nur wenig da durch die Flugverzögerung die Nacht früher als geplant herein bricht. Um Mitternacht kommen wir in Patios de Cafayate, einer in ein Hotel umgewandelte Estancia, an.
Vom ersten Stock unseres grosszügigen Zimmers sehen wir morgens über die Rebberge. Hier auf 1660 m wird einer der besten Weine Argentiniens angepflanzt und weltweit die höchsten Weine der Welt gekeltert. Eine kurze „Entdeckungsreise“ der kleinen Stadt darf nicht fehlen und wir flanieren durch das Zentrum vorbei an der begrünten Plaza und pittoresken Strassen, gönnen uns einen Kaffee unter freiem Himmel und nehmen all die vielen neuen Eindrücke auf. Wir sind nicht die einzigen Besucher und im Mercado Artesanal wird Handwerkskunst von Einheimischen angeboten.
Durch eindrückliche Felsformationen und eine fast Mond ähnliche Landschaft fahren wir bei blauem Himmel, angenehmer Wärme nach Cachi (Provinz Salta). Die Quebarda de Humahuaca und die Valles Calchaquies sind spektakuläre Naturlandschaften die uns erstaunen lassen. Ab und zu fühlen wir uns in den wilden Westen versetzt, die gewaltigen und vielen Kakteen erinnern uns an die in unserer Jungend gesehenen Western Filme.
Etwa auf halber Wegstrecke zwischen Cafayate und Cachi macht eine junge Frau Autostopp und wir nehmen sie mit. Wir hoffen so ein wenig in Kontakt mit der Bevölkerung zu kommen und einiges über ihr Leben, ihre Lebensgewohnheiten zu erhalten. Rosaria ist 19 Jahre alt und studiert im sechsten Semester in Cafayate so etwas ähnliches wie Kindergärtnerin. Das Studium dauert 8 Semester und es gefällt ihr nach eigenen Aussagen sehr gut. Am Wochenende geht sie nach Hause zu den Eltern und vier weiteren Geschwistern, zwei Jungen und zwei Mädchen. Von Cafayate fährt ein Bus in ihre Richtung jedoch nur etwa die halbe Strecke bis zu ihrem Wohnort Molinos. Ihr Dorf selbst zählt etwa 800 Einwohner, es gibt Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf. Einmal die Woche kommen die Leute der stark verzettelten und weit ab gelegenen Häuser um ein zu kaufen. Die meisten Menschen leben von Selbstversorgung. Daneben ist das Weben nach alter Tradition ein Erwerbszweig. Auf die Frage was sie (Rosaria) später für Berufsmöglichkeiten hat und ob sie in ihr Dorf zurück kehrt nach dem Studium antwortet sie. Auf alle Fälle gehe sie zurück und arbeiten könne sie entweder an einer „escuela rural“ oder an einer Estancia.
Cachi ist eine kleine Stadt wo die „Chicoanas“ wohn(t)en. Ihre kleinen Behausungen in den engen Strassen sind teilweise noch sichtbar. Von weitem sehen wir eines der Wahrzeichen von Cachi, den „Nevado de Cachi“ mit seinen 8 Zacken. Ein fruchtbares Tal rundet die Ortschaft ab. Die Nacht verbringen wir im Hotel La Merced del Alto mit dem für mich schönsten Hotelzimmer inklusive Sicht in die Natur pur unserer Reise.
Cachi – Salta ist auf dem „Programm“, d.h. etwa vier Stunden reine Autofahrt und etwa 8 Stunden Reisezeit insgesamt auf staubigen Naturstrassen, mit atemberaubender Sicht auf z.B. den Bischofskamm mit seinen 3348 Metern und grünen Tälern, vorbei an Payagasta, einem alten indigenen Dorf. Verschieden farbige und scharfe Paprikas werden dort an der Sonne getrocknet. Sie geben dem Dorf zusätzlich eine fröhliche Note.
Chicoana ein weiterer kleiner Ort im Lerma Tal den wir durchfahren und ist der Caucho Tradition verpflichtet. Die Nacht in Salta verbringen wir etwa 5 km ausserhalb der Stadt in der Finka La Merced, einer kleinen familiären Herberge geführt von einer italienischen Familie. Zwei Hunde zur Finca gehörend nehmen uns sogleich in Beschlag und sind für meine Bedürfnisse etwas zu freundlich. Wir geniessen die Ruhe dieses Ortes nach den vielen gewonnen Eindrücken, freuen uns auf das Nachtessen und den Wein und fallen müde in unser Bett. Das Zimmer von la Merced hat Hansueli am besten gefallen, Ton in Ton in Brauntönen gehalten und sehr einfach gestaltet.
Die Stadt Salta (gleicher Name wie die Provinz) hat einen hispanischen Charakter und hebt sich somit von den anderen besuchten Orten ab. Eine freundliche und Gast freundschaftliche Stadt, welche heute vor allem vom Tourismus lebt. Das Zentrum ist um den Hauptplatz neunter Juni „drapiert“, sehr farbenfreudig und „anmächelig“. Bei einem Kaffee am Zocalo beobachten wir das rege Leben, gemischt aus Einheimischen und Besuchern. Die Kathedrale ist rosa mit gelb und die höchste südamerikanische Kirche San Bernardo liegt unweit daneben. Weine, Empanadas und andere traditionelle Anden Gerichte sind Teil von Salta eben so wie die Kunsthandwerkläden. Kurz sind jeweils unsere Aufenthalte und schon geht es weiter nach Tilcara in der Provinz Jujuy.
Durch die Quebrada de Huamahuaca, auch Schlucht der Farben genannt, gelangen wir nach Tilcara. Die Stadt liegt auf 2461 Meter, ist sowohl ein guter Ausgangspunkt für diverse Ausflüge als auch selbst sehr hübsch inmitten dieser Felsen mit einer interessanten archäologischen Geschichte.
Wir bleiben zwei Nächte und logieren in der Quinta la Pacena, eine sehr familiär gehaltene Pension im Stadtzentrum. Sie wird geführt von Lilly und Lucas, einem älteren argentinischen Architektenpaar aus Mendoza. Beim Frühstück sitzen wir mit einem argentinischen und einem deutschen Paar am selben Tisch, wie eine zusammengewürfelte Familie. Mehr Platz gibt es im Wohnzimmer nicht, das voller Nipps und regionalen Heiligenfiguren vollgestopft ist. Ich freue mich sehen zu können wie die Bewohner leben.
Pucarà de Tilcara, eine ehemalige Inkafestung, besuchen wir abends und bewundern die rundum Aussicht.
Andern tags fahren wir zu den Salinas Grandes auch weisse Wüste genannt mit einem Aufenthalt in Purmamarca. Dort bewundern wir sieben farbige Felsformationen. Zahlreichen Kornfelder (angeblich an die 50 verschiedene Kornsorten) säumen den Weg. Wir schlängeln uns auf der gut ausgebauten kurvenreichen Strasse bis zur Cuesta de Lipan (etwas über 4000 Meter) hinauf, dann etwas bergab zu den berühmten Salzseen auf einer Höhe von 3450 Meter.
Auf unserer Fahrt sehen wir vereinzelte bewohnte Behausungen und fragen uns, wie das für uns kaum vorstellbare karge Leben wohl für die Bevölkerung ist. Quinoa scheint auf dieser Höhe zu gedeihen, Haustiere haben wir vereinzelt Lamas, Esel gesehen. Vicunias (freie Lamas und eines meiner Lieblingstiere) kreuzen ab und zu unseren Weg. Die Salzseen mit ihren 212 km² sind spektakulär. Die Salzgewinnung teilen sich die Provinzen Salta und Jujuy.
Mutig, wie sich erst später herausstellt, entschliessen wir uns über eine wenig befahrene Natur belassene Strasse 130km nach Humahuaca, einem Ort wo man das Gefühl hat die Zeit sei stehen geblieben, und von dort zurück nach Tilcara zu fahren. Meist im Schneckentempo fahren wir so zu sagen über Stock und Stein, durch mit Sand gefüllte Mulden, wo wir fast stecken bleiben, durch mit Wasser gefüllte Bachbeete (zum Glück nicht so viel) bergauf und bergab zwischen Schluchten hindurch, Windungen wo man nicht weiss wo die hinführen.
Auf der ganzen Stecke begegnet uns ein einziges anderes Auto. Dafür „strahlen“ uns traumhaft schimmernde Lagunen aus einiger Entfernung an und um jede Ecke oder Erhöhung entdecken wir neue Farbnuancen des Felsen. Auf dieser einsamen Strecke begegnen wir in für mich sengender Hitze ohne Schattenmöglichkeit einer älteren indigenen Frau im traditionellen Gewand, Stock und „Bürdeli“ auf dem Rücken. Weit und breit ist kein Haus zu sehen und so halten wir an und fragen ob wir sie ein Stück mitnehmen dürfen. Sie ist klein, kaum 1.50 lang mit gebeugtem Rücken und schiefem Becken und hinkt stark beim Gehen. Sie sei schon Stunden lang gegangen und für nach Hause sei es noch einmal so weit, quer feldein auf kleinen Fusspfaden. Sie wiederholt einige Male ob es dann wirklich „gratis“ sei und wir nicht am Schluss Geld verlangen würden.
Ihre Sprache ist eine Mischung aus indigener und spanischer Sprache die ich kaum verstehe. Bei jeder kleinen Abzweigung zeigt sie uns die Richtung in die wir fahren müssen. Ich habe den Eindruck dass sie oft „nur“ die Fusspfade kennt. Doch schlussendlich lässt sie uns anhalten und steigt aus. Das letzte Stück geht sie zu Fuss und wir hoffen, dass sie so doch noch vor Dunkelheit und etwas weniger erschöpft ankommt. Kurz vor Ankunft in Humahuaca passieren wir eine grosse Mülldeponie. Links und rechts der Strasse liegt und fliegt aller Unrat bei dem oft pfeifendem Wind. In Humahuaca füllen wir unseren fast leer gefahrenen Tank und kommen von unserer abenteuerlichen Rundreise wieder nach Tilcara.
Durch die alte Strassenführung geht es zurück nach Salta, durch grüne, üppige Landschaft, vermehrte Landwirtschaft und mehr besiedelte Gegenden. Wir geben das Auto am Flughafen ab und steigen ins Flugzeug, das uns gegen Abend nach Iguazù (Provinz Missiones) bringt.
Hier besichtigen wir die Welt berühmten Wasserfälle, an einem Tag von der argentinischen und am nächsten Tag von der brasilianischen Seite aus. Iguazù liegt im Dreiländereck – Argentinien, Brasilien und Paraguay, dort wo sich der Paranà und der Iguazù Fluss treffen. Die ganze Gegend ist ein Nationalpark.
Wir logieren im „Loi Suites Hotel“ für uns eher sehr nobel, jedoch architektonisch schön eingebettet in den Regenwald. In der Nähe „unseres“ Hotels gibt es im Regenwald eine indigene Siedlung. Dort leben die „Guarani“. Der Wald ist für sie Lebensraum jedoch eben so ein mythologischer Ort, der das Notwendige zum überleben bereit hält. Wir kommen in eine andere Welt. Die Iguazù Fälle sind Weltkulturerbe. 275 Wasserfälle, dazu exotische Flora und Fauna sind zu bestaunen (nicht zu vergessen die Menschenmengen).
Mit einem Park eigenen „Zügli“ fahren wir näher an den grössten und bekanntesten Wasserfall – dem Teufelsrachen – heran, lassen uns mit Wasser „bestäuben“ und gehen zu Fuss den verschiedenen Pfaden entlang, bestaunen die verschieden Wasserfälle und deren Namen; so z.B. Adam und Eva – Adam ist grösser als Eva….und vieles mehr. Schmetterlinge, Raupen, viele Vogelarten, Tucane, Gapybarra`s und Waschbären sehen wir, grössere Raubtiere die vorkommen zeigen sich uns nicht.
Mit einem 4x4 Vehikel fahren wir durch den Regenwald und steigen gefühlt hunderte Treppenstufen hinunter (nachher wieder hinauf) bis zum Fluss wo wir in ein Schlauchboot steigen. Dieses fährt uns ganz nah und teilweise unter die Wasserfälle, was uns allen ein „Gequitsche“ entlockt und uns mehr als eine Dusche beschert. Am folgenden Tag besuchen wir die Wasserfälle von der brasilianischen Seite her. Diese gibt einen generellen Überblick über die Gesamtheit der Fälle. Mehr als gesättigt kehren wir ins Hotel zurück, fahren anschliessend zum Flughafen und fliegen zurück nach Buenos Aires.
Fazit dieser Auszeit in den Nordwesten und Nordosten Argentiniens
Ich sehe vor allem die japanischen und chinesischen Touristen in der Schweiz vor mir. Dort habe ich oft gedacht ob sie zu Hause noch wissen, was sie wann wie und wo gesehen haben. Für mich haben wir eine vergleichbare Reise gemacht, an Distanzen, an Eindrücken, an Verschiedenartigkeit, nur in einer „anderen Welt“. Trotzdem möchte ich unsere Reise nicht missen. Diese eindrückliche Ecke von Argentinien gesehen zu haben war es allemal wert.
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Kommentare 3
Liebe Helen, lieber Hansueli
Frohe Festtage und ein rundum gutes 2019 wünsche ich euch aus der kalten Schweiz!
Liebe Grüsse
Peter
PS: wie seid ihr so rassig von Piriapolis nach Ushuaia (13.12.) und zurück nach Buones Aires gekommen?
Einfach überwältigend Eure Reise am "Ende der Welt" Ist ja fast unfassbar die Landschaft dort. Das Einzige über das wir schon mal gelesen haben waren die Igazu-Wasserfälle.
Eine Frage noch: Was passiert eigentlich mit Euren Reiseberichten? Gibt es mal ein Buch daraus?
Wir sind ja über die Festtage und den Jahreswechsel in unsrem Ferien-QTH in Tenerife. Also auch weg vom schlechten Wetter in der Schweiz. Hier ist es ja jeden Tag einfach Blue sky. Und dazu angenehme Temperaturen.
Wir wünschen Euch einen flotten Gump ins 2019 and weiterhin viel tolle Erlebnisse und gute Xundheit.
Noch einen Tip: Einige Kartennausschnitte würden die Orientierung erleichtern.
Lieber Hansueli, liebe Helen,
Vielen Dank für die Reiseberichte! Ich bin sehr beeindruckt jedes
Mal! Die Landschaften sind phänomenal und wunderbar!
Euch beiden wünsche ich einen guten Rutsch ins 2019 und alles Gute, Gesundheit und viele weitere schöne Erlebnisse!
Miriam