DadaTux Blog
Paradiese (Überfahrt nach Brasilien, Recife)
Es scheint unzählige beschriebene und unbeschriebene irdische Paradiese zu geben, es gilt nur sie zu sehen. An einem mit vielen Lorbeeren beschriebenen, Fernando de Noronha, fahren wir bewusst vorbei, da „nur“ Regen angesagt ist.
Kurz zurück zu unserer 14tägigen Überfahrt (als Ergänzung zu Hansueli`s täglichen Berichten). Wir starten fulminant in Mindelo, mit über 30 kn Wind und rechtem Wellengang. Dies dauert etwa einen Tag, danach (sehr) ruhiges Parasailorsegeln über Tage, in den „Rossbreiten“ motoren wir. Hansueli überlegt sich ein Meerbad zu nehmen, ich bin da weniger überzeugt. Schon bald setzen wir den Code 0, später die Genua und das Gross und segeln Richtung Recife.
Alles in allem eine ruhige Überfahrt mit zwischen durch intensiven seglerischen Tätigkeiten. Als Einstimmung auf den neuen Kontinent lese ich „Magellan“ von Stefan Zweig, eine in jeder Hinsicht sehr empfehlenswerte Lektüre (danke Christoph). Von Stefan Zweig existiert ebenfalls eine Liebeserklärung an sein für kurze Zeit gewähltes Exil „Brasilien“ ein Land der Zukunft.
Der Bordalltag nimmt seinen Lauf. Täglich werden die frischen Nahrungsmittel auf ihre Verderblichkeit kontrolliert. Erfreulicherweise halten sich die eingekauften Frischwaren, ausser den Avocados (mache daraus ein Quacamole als Brotaufstrich für 3 Tage), sehr gut und wir haben jeden Tag Salat, Früchtemüesli und Gemüse. Weizen-(ins Müesli), Linsensprossen (in den Salat) und Vitamine für VegetarierInnen ergänzen unsere kreativen Menüs.
Nach 14 Tagen ist Land in Sicht – Südamerika, Brasilien, Recife, alles Neuland für uns.
Brasilien ein Riesenland mit etwa 205 Millionen EinwohnerInnen, davon 7,5 % Analphabeten, 26 Bundesstaaten und ein Bundesdistrikt. Recife liegt im Bundesstaat Pernambuco, an der Nordostküste. Wer mehr über Brasilien, Land, Leute, Kultur, Politik…. wissen möchte findet im Internet allerlei.
Von Recife sehen wir zuerst viele Wolkenkratzer welche sich von ferne wie in Reih und Glied am Ufer positioniert haben. Nach 1772 Seemeilen legen wir im Iate Club Cabagna an. Bei der Einfahrt nach Recife lohnt es sich auf den Wasserstand zu achten, bei Niedrigwasser kann es knappe 2 Meter tief werden. Der nächste Tag ist den Behörden gewidmet, Policia Federal, Receita Federal und Dos Portos, genau in dieser Reihenfolge. Einmal die entsprechenden Büros im nicht mehr im Betrieb stehenden Hafenareal gefunden werden wir freundlich empfangen, wenn auch für mein Verständnis etwas langatmig, und wir kehren mit allen nötigen Dokumenten zur Dada Tux zurück.
Der zweite Tag gilt der Pflege / Kontrolle unserer Dada Tux, inklusive Mastkontrolle. Ausser dass leider, jetzt wo wir sie langsam gebrauchen können, unsere neue Waschmaschine nicht mehr funktioniert, ist alles i.O. Der externe Wasseranschluss mit Kohlefilter ermöglicht uns, das mit dem Wassermacher gemachte Wasser nicht mit dem Wasser hier vor Ort zu mischen. Im Moment sind wir das einzige ausländische Boot in der Marina. Mehrheitlich liegen hier Motoryachten, welche von 1-2 Angestellten täglich gepflegt werden. Auf dem Weg zu den Duschen stolpere ich beinahe über ein Capybara, welches sich bei Niedrigwasser am Ufer sonnt. Beide erschrecken und sind froh, dass wir nichts von einander wollen. Wir sehen viele verschiedene Vogelarten, darunter Kolibris. Auch viele Echsen sind in der Marinamauer zu Hause.
Etwas zur Fortbewegung.
Wir versuchen uns tagsüber zu Fuss und/oder mit den örtlichen Bussen zu bewegen. So erleben wir mehr vom Alltag. Nachts nehmen wir das Taxi. Wir fühlen uns nicht bedroht, obwohl wir ab und zu darauf aufmerksam gemacht werden, dass Touristen überfallen werden und Recife eine hohe Rate an Überfällen aufweist. Für das Busfahren braucht man fast so eine gute Standfestigkeit wie beim Segeln. Hansueli ist ein wahrer Meister im Herausfinden wo, wie, wann und mit welchem Bus wir zu unseren Zielen kommen. Es ist Regenzeit und so werden wir auf dem Weg ab und zu mit kurzen, teilweise heftigen Regenschauern begleitet.
Olinda, ehemalige Hauptstadt vom Staat Pernambuco, liegt idyllisch auf grünen Hügeln etwa 6 km von Recife entfernt. Die Altstadt ist voller farbigen Kolonialhäusern. Der Strassenkarneval mit den bis zu drei Metern hohen Figuren ist auch ausserhalb der Karnevalszeit sehr präsent. Dazu sind unzählige Kirchen und Kapellen zu sehen. Wir machen uns auf um das Museum für zeitgenössische Kunst zu besuchen. Vorbei am Schweizer Generalkonsulat (geschlossen) kommen wir in die Rua 13 de Maio und stehen vor geschlossenen Türen. Dafür lernen wir Tapioca, eine Art Pfannkuchen aus Maniokmehl mit Käse und Kokosraspeln, kennen und geniessen.
Die viel gepriesene Vielfalt und Einzigartigkeit von Museen lässt auch unsere Herzen höher schlagen und wir entscheiden uns das Kunstmuseum zu besuchen. Aber „oha Lätz“, wieder sind die Türen verschlossen, warum auch immer. So führt uns eine kleine Bootsfahrt zu dem Skulpturen von Francisco Brennand (geb. 1927) einer der bedeutendsten Bildhauer der Gegenwart, beeinflusst von Picasso, Mirò und Gaudì.
Ein Ausflug ins Grüne, eine etwa einstündige Busfahrt (zirka 16 km) soll uns zum Skulpturenpark mit seinen über 2000 Werken bringen. Wir „landen“ wenig daneben ( 1,5 km) und sehen so das sehr gut besuchte (und offene) Museum“Instituto Ricaardo Brennand“. Es ist ein Sammelsurium von Ölgemälden, Waffen, religiösen Gegenständen, Fotos über die 68er Bewegung von Paris, Geschirr und Schränke aus dem 15. / 16. Jahrhundert. Ein Marktbesuch im Zentrum Sao José darf nicht fehlen. Der seit 10 Tagen dauernde Streik der Lastwagenfahrer macht sich jedoch bemerkbar und es fehlt an frischem Obst und Gemüse. Die meisten Tankstellen sind geschlossen, Flüge annulliert… Präsident Temer hat das Militär eingeschaltet.
Unser nächstes Ziel ist Salvador, welches wir in 3-4 Tagen erreichen.
PS:
Wir haben unsere in Cherbourg gestohlenen Fahrräder während unserer „Ferien“ in der Schweiz ersetzt. Die Versicherung hat uns anstandslos die gesamte Summe rückvergütet und so können wir uns weiterhin an eurem „Abschiedsgeschenk“ erfreuen.
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